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HONNISOITQUIMALYPENSE Von Hans-Georg Behr

Nie zuvor wurde über ihn so viel berichtet wie in den letzten drei Monaten. Ich habe ihn erst richtig populär gemacht.“ Klaus hat's mit den großen Worten, und sein alemannischer Akzent macht sie erst richtig bedeutend. „Ich habe ihn entdeckt. Er ist mein Thema, und ich werde damit noch ganz groß rauskommen.“

Er schüttet fast das Viertele um, als er die Pressemappe auf den Tisch wuchtet. „Bitte: Erfurt, Güstrow, selbst Bonn — nichts dagegen. Nicht einmal die Wirtschaft beschäftigt die drüben so sehr, und hier können wir wenigstens zeigen, daß wir was tun. Hier betreten wir absolutes Neuland! Nicht einmal bei Hannibal hat das geklappt. Den haben die nicht gekriegt, aber wir kriegen ihn.“

Da seine Augen gefährlich funkeln, wende ich ein, daß schon immer die Mächte bei ihrem Rückzug ihre Satrapen mitnahmen, „Ja!“ fällt da Klaus ein. „Aber nun gibt's die Macht nicht mehr. Nun wird ganz neu verhandelt. Und — “, er flüstert plötzlich, „weißt du, warum der Michail hier keine Professur annimmt? Weil wir ihn dann als Tauschobjekt für Boris in der Hand hätten.“ Er seufzt.

Ich frage, was man mit dem senilen Kerl denn anfangen wolle, wo wir doch den Begriff der Staatsverbrechen gar nicht kennen. Nicht einmal die Väter des Grundgesetzes hatten sich 1949 vorstellen können, daß ein Staat je kriminell sein könne, und gegen die „Siegerjustiz von Nürnberg“ hatte doch Klaus selbst gewettert. „Wir betreten eben rechtsstaatliches Neuland, aber ganz rechtsstaatlich. Der Seidl, der's gerade dem anderen Erich zeigt, wird das schon hinkriegen. Der hat immer schon seinen Wagen auf den richtigen Kanaldeckeln geparkt. Wenn er schon den Schießbefehl nicht gegeben hat — gedacht wird er ihn doch haben. Schlimmstenfalls können wir in die Geschichte greifen. War er nicht schon gegen das Reich konspirativ? War da nicht die Anklage wegen Hochverrats? Was einmal Recht war, kann doch nicht Unrecht werden, sagte schon Filbinger. Und veruntreut wird er sicher auch was haben. Die Treuhand sucht schon.“

Ob das nicht ein bißchen popelig sei? „Popelig?!“ Nun ist das Viertele endgültig verschüttet. „Ich mache gerade Weltgeschichte! In Chile tobt die wildeste Krise seiner Geschichte, in Moskau denkt man an nichts anderes mehr... Alles, was wir bei Mengele, Barbie und Co. versäumen wollten, holen wir jetzt bei ihm konzentriert nach. Darum geht es! Endlich hat die Nation ein Thema. Schon seit Wochen Schlagzeile Nummer eins! Selbst Kohl hat die Bedeutung erkannt. Sonst hätte er ja, als die Spitalsgeschichte war, mich nicht vom Mikrofon gedrängt und selbst was gesagt. Auch Schalck meldet sich und rät, meinem Rechtsstaat zu vertrauen. Trittbrettfahrer! Aber ich komme schon wieder ran an den Speck. Wenn wir ihn erst haben — wir werden ihm übrigens in Braunschweig den Prozeß machen — wenn ich ihn erst habe, dann wird das meine alleinige Leistung sein, und dann kann sich der Möllemann noch so anstrengen, dann führt an mir kein Weg zum Vorsitz mehr vorbei!“

Er winkt der Kellnerin. „Auf Wirtschaft machen ja alle, selbst die Schwätzer, und Stasi wird bald erledigt sein. Aber Honni!“

Um es nicht wieder zu verschütten, stürzt er das neue Viertele hinunter. „Man muß Themen eben rechtzeitig erkennen und immer Ceterum censeo sagen. Du wirst sehen: Das bringt mich an die Spitze. Cosi fan tutte! Honni soit qui mal y pense!

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