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Ukraine hält Atomwaffen zurück

■ Präsident Krawtschuk fürchtet russische Tücke und fordert Vernichtung der taktischen Atomwaffen im eigenen Land/ Ukraine tritt dem GUS-Schuldenabkommen bei/ Wirtschaftsgipfel der GUS-Staaten in Moskau

Kiew/Moskau (ap/afp/dpa) — Der ukrainische Präsident Krwatschuk hat den Abtransport taktischer Atomwaffen der ehemaligen Sowjetunion aus der Ukraine nach Rußland gestoppt. Er wolle sicher sein, daß die Waffen zerstört würden und nicht in Rußland womöglich wieder in Stellung gebracht würden, sagte er zur Begründung. Damit versetzte er dem wackligen Gebäude namens Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) einen gefährlichen Stoß. Die Erklärung Krwatschuks kam nur eine Woche vor der geplanten Konferenz der GUS-Präsidenten in Kiew. Sie fügt den ohnehin bestehenden Streitpunkten mit Rußland wie die Verfügung über die Schwarzmeerflotte und Flugzeugen auf ukrainischen Stützpunkten einen weiteren hinzu.

Krawtschuks Ankündigung bedeutet nicht, daß Kiew den Plan einer atomwaffenfreien Ukraine aufgegeben hätte. In der Befürchtung des Präsidenten, die nach Rußland transportierten Atomsprengköpfe würden unter ungenügenden Sicherheitsvorkehrungen oder vielleicht gar nicht vernichtet, zeigt sich vor allem erhebliches Mißtrauen gegenüber den Versicherungen Moskaus und die Weigerung der Ukraine, sich dem „Diktat“ Rußlands zu beugen. Krawtschuks Sprecher Schljaposchnikow sagte, der Präsident habe „alarmierende“ Informationen darüber erhalten, wie der Transport der Waffen abgewickelt werde. Er äußerte den Verdacht, Atomtransporte würden „umgeleitet“, ohne allerdings Näheres zu erläutern.

Krawtschuk fordert nun eine Vernichtung der Atomwaffen aus der Ukraine unter „internationaler Kontrolle“. Die Länder des Westens sollten bei dem Aufbau einer enstprechenden Einrichtungen im Lande selbst helfen.

Vertreter der elf GUS-Länder trafen sich gestern zu Beratungen über die Schaffung eines Gemeinsamen Marktes auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion. Vor Beginn des Treffens erklärte der ukrainische Regierungschef Fokin, das Land wolle dem bisher von ihm abgelehnten Schuldenabkommen der früheren Sowjetrepubliken beitreten. Er habe die Absicht, ein entsprechendes Memorandum der früheren Sowjetrepubliken mit den sieben führenden westlichen Industriestaaten (G7) vom 28. Oktober vergangenen Jahres zu unterzeichnen.

Bisher drang die Ukraine darauf, ihren Anteil von 16,37 Prozent an den Auslandsschulden der ehemaligen UdSSR in Höhe von 65 bis 80 Milliarden US-Dollar (etwa 108,5 bis 133,5 Mrd DM) in eigener Regie zu bedienen. Hintergrund dieser Position war offenbar, über eine gute Zahlungsmoral schneller neue westliche Kredite zu bekommen. Bei Verhandlungen zwischen Fokin und dem stellvertretenden russischen Regierungschef Gennadi Burbulis hatte die Ukraine am Mittwoch eingelenkt.

Vor Beginn des Treffens kritisierte der moldawische Regierungschef Waleri Murawski in einem Gespräch mit Interfax insbesondere die russische Führung, die oft wirtschaftliche Partnerschaft vermissen lasse. Bei dem Gipfel sollen unter anderem die Preis-, Zoll- und Steuerpolitik sowie die Auslandsverschuldung erörtert werden.

Keine Ruhe in Berg Karabach

Die Kämpfe zwischen Armeniern und Aserbaidschanern in Berg-Karabach wurden in der Nacht zum Freitag unvermindert heftig geführt. Die aserbaidschanische Stadt Agdam sei von armenischer Seite unter heftiges Raketenfeuer genommen worden, meldete Itar-Tass. Frankreich hat eine Konferenz aller beteiligten Parteien zur Beendigung der Kämpfe um Berg-Karabach vorgeschlagen. An der Konferenz sollen Vertreter Armeniens und Aserbaidschans sowie Vetreter Berg-Karabachs und Rußlands teilnehmen.

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