: Schärfere Konkurrenz für den Airbus
■ McDonnell Douglas will weiter zu den Großen Drei im internationalen Flugzeugmarkt gehören/ Nach Absatzproblemen im Rüstungsbereich will der US-Konzern Boeing und Airbus Marktanteile abjagen
Düsseldorf/Long Beach (dpa/vwd) — Totgesagte leben meistens länger: Die Chefs des Luft- und Raumfahrtkonzerns McDonnell Douglas sind offenbar entschlossen, im Konzert der „Großen Drei“ Flugzeughersteller der Welt auch in Zukunft mitzuspielen.
Schien es Ende der 80er Jahre zeitweilig so, als könnten der Gigant Boeing aus dem Nordwesten der USA und das europäische Airbus- Konsortium auf dem Weg ins 21. Jahrhundert den Düsenverkehrsflugzeugmarkt der Welt allein unter sich aufteilen, so sprechen die jüngsten Zahlen aus Long Beach und aus St. Louis, dem Sitz der McDonnell Douglas Corporation mit 112.000 Beschäftigten, eine deutlich andere Sprache:
McDonnell Douglas machte 1991 mit 423 Millionen US-Dollar (rund 702 Mio. DM) bei einem Umsatz von 18,448 Milliarden Dollar den größten Gewinn in der Geschichte des Unternehmens. Auf den zivilen Flugzeugbau entfielen davon 290 Millionen Dollar Gewinn und sieben Milliarden Dollar Umsatz. „Unsere Aircraft Company hat 1991 dreimal so viel verdient wie im besten der letzten 20 Jahre“, so Präsident John McDonnell.
Unverblümt lobte Robert Hood, der 59jährige Präsident der Douglas Aircraft Company in Long Beach mit 34.000 Beschäftigten, bei einem Pressegespräch in Düsseldorf seine Firma: „Wir haben nicht die Absicht, so große Flugzeugfamilien wie Boeing mit fünf oder Airbus mit sechs verschiedenen Jets im Markt durchzusetzen. Aber die Jets, die wir jetzt bauen, sind erstklassig und werden erfolgreich sein.“
Europäische Fluglinien ordern den MD-11
Hoods Worte müssen in Seattle, dem Sitz von Boeing, und in Toulouse, dem Hauptsitz des Airbus-Konsortiums, ernst genommen werden: Die zweistrahlige MD-80, die als Nachfolgemuster der erfolgreichen DC-9 in vier Versionen angeboten wird, hat dem Unternehmen in den 80er Jahren entscheidend geholfen, im zivilen Flugzeugbau zu überleben. Inzwischen wurden über 1.400 dieser Twinjets geordert und annähernd 950 ausgeliefert.
Der neue Trijet MD-11, der in Europa inzwischen unter anderem von der Finnair, der Swissair, der Alitalia und der deutschen Charterfluggesellschaft LTU eingesetzt wird, gilt als größter Konkurrent für den vierstrahligen Airbus A340. Inzwischen wurden bereits 35 MD-11 ausgeliefert; 137 sind bestellt, und für 160 Flugzeuge dieses Typs liegen Optionen vor.
Nicht ganz so große Flugzeugfamilien
In die zweite Hälfte der 90er Jahre reichen die Projekte MD-90, ein vom nächsten Jahr an fliegender zweistrahliger 150-Sitzer, die MD-95 — dieser zweistrahlige 105-Sitzer soll von 1996 an ausgeliefert werden — und die dreistrahlige MD-12, die mit einer Reichweite von rund 15.000 Kilometern den Airbus A340 und die neue Boeing-747-400 übertreffen soll. Mit 430 Passagieren soll dieser „Kalifornische Jumbo“ Ende 1996 flügge werden.
Eine ungewohnte Aggressivität ist neuerdings Trumpf bei MacDonnell Douglas, die mit 18Prozent Marktanteil auf den dritten Platz hinter Boeing (57Prozent Marktanteil) und Airbus (21Prozent) zurückgefallen sind. Robert Hood: „Mit der MD-11 wollen wir uns in der Klasse der Widebody-Jets unterhalb der großen Jumbos einen Marktanteil von 28 bis 30Prozent sichern.“
Pentagon vergibt weniger Aufträge
Daß der Rüstungs-Riese sich wieder stärker dem zivilen Flugzeugbau zuwenden will, hat politische Gründe: Selbst für McDonnell Douglas strömen die Milliarden aus dem Verteidigungsministerium der USA nicht mehr so wie einst. Das größte US- Rüstungsunternehmen erhielt 1991 Aufträge vom Pentagon über 8,05 Milliarden Dollar. Lag der militärische Anteil am Umsatz des Unternehmens Mitte der 80er Jahre noch bei rund 70Prozent, so sind die militärischen und zivilen Anteile mit 54 beziehungsweise 46Prozent fast ausgeglichen. Bis Ende der 90er Jahre wird sich das Bild noch mehr verschieben: 60:40 zugunsten der zivilen Produkte. Wegen der vorhandenen Produktstruktur kann McDonnell Douglas das nur mit Verkehrsflugzeugen erreichen.
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