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Kein Weststandard für die Platte

■ Plattenbauten im Berliner Osten werden kaum Weststandard erreichen/ Finanzen setzen Grenzen/ Mieter sind unzufrieden mit Lebensverhältnissen/ Tagung berät Zukunft von Großsiedlungen

Berlin. Die meisten der im Ostteil Berlins errichteten 270.000 Plattenbauwohnungen werden niemals den Standard westlichen sozialen Wohnungsbaus erreichen. Die Gründe sind knappe Finanzen und hoher Neubaubedarf.

Allein die 80.000 in dieser Legislaturperiode »auf den Weg« zu bringende Wohnungen erfordern innerhalb der nächsten 30 Jahre Finanzmittel in Höhe von insgesamt 25 Milliarden Mark. Hinzu kommen in den nächsten zehn Jahren 10 Milliarden Mark, die für die Sanierung und Instandsetzung von 140.000 Altbauwohnungen im Ostteil benötigt werden.

So wurde die Situation zu Beginn einer dreitägigen Veranstaltung im Ernst-Reuter-Haus in Tiergarten zur Zukunft der industriell errichteten Großsiedlungen in Berlin vom Abteilungsleiter in der Senatsbauverwaltung Günter Fuderholz beschrieben. Vor rund 200 Vertretern aus Verwaltungen, Wissenschaft und Industrie sagte er, die Notwendigkeiten für diese Gebiete vor allem am Rand der Stadt seien dreimal größer als die Chancen. Rund 17.000 Mark pro Wohnung würde eine Sanierung der Plattenbauten kosten. Plane man eine Hebung des technischen Standards, kämen 85.000 Mark hinzu. Noch einmal 50.000 Mark pro Wohnunge würde eine Verschönerung der Häuser und ihres Umfeldes kosten.

Eine bereits 1990 in Auftrag gegebene Untersuchung von Neubauwohnungen im Osten, so Fuderholz, habe gegenüber den westlichen Sozialwohnungen 32 gravierende Mängel festgestellt (die taz berichtete). Dazu gehörten meist schlechte Grundrisse, zu kleine Flächen, fehlende Balkons, enge Küchen und Bäder, fehlende Fahrstühle und behindertengerechte Zugänge. Außerdem sei das Wohnumfeld unbefriedigend. So würden in Marzahn statt notwendiger 144.000 Quadratmeter Verkaufsfläche nur ein Drittel davon zur Verfügung stehen.

Mieterbefragungen in Hellersdorf und Marzahn hätten ergeben, durchschnittlich 90 Prozent der Befragten seien mit den Einkaufsmöglichkeiten nicht zufrieden. 86 Prozent klagten über nicht sichere Wohnungstüren. Zwischen 60 und 70 Prozent der Bürger bemängelten zu kleine Keller und Abstellräume, fehlende Schalldämmung und mangelhafte Heizung. Rund die Hälfte aller Befragten habe sich über verwahrloste Vorgärten und nicht funktionierende Müllabfuhr negativ geäußert.

Nach Ansicht von Fuderholz sind die Altschulden der Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften im Ostteil ein weiteres Problem. Im kommenden Jahr würden sie in Berlin eine Höhe von 9 Milliarden Mark erreichen.

Auf Grund dieser vielfältigen Probleme dürfe sich allerdings keine Resignation breitmachen. Es müßten handliche Lösungspakete geschnürt werden. Sofortmaßnahmen seien nötig. Zum Beispiel habe der Senat 1991 etwa 20 Millionen Mark für Begrünung und Instandsetzung von Kinderspielplätzen ausgegeben. Hinzu käme die Modernisierung von Wohnungen durch die Mieter. Im vergangenen Jahr seien dazu 30.000 Anträge eingegangen. Zugleich werde es in den Großsiedelungen ergänzenden Neubau geben, um infrastrukturelle Probleme lösen zu helfen.

Zuvor hatte Bausenator Nagel (SPD) informiert, daß Berlin sich mit fünf Projekten an einem Forschungsvorhaben des Bundesbauministeriums zur Weiterentwicklung von industriell errichteten Großsiedlungen beteiligt. Dazu gehören eine komplexe Arbeit zu Marzahn, ein Ökologiekonzept für Hellersdorf, Pläne zum Weiterbau von Altglienicke und Buch sowie Strukturverbesserungen am Standort Greifswalder Straße in Prenzlauer Berg.

Zugleich forderte er, unter anderem mit der Spezifizierung des Gemeinschaftswerkes Aufschwung Ost schlüssige Finanzierungsmodelle für die Großsiedelungen zu finden. Der Staat allein könne aber die benötigten Mittel nicht aufbringen. Er warnte davor, die Altschulden der Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften im Ostteil Deutschlands auf die Mieter abzuwälzen. Mieterhöhungen noch in diesem Jahr gehörten in das »politische Absurditätenkabinett«. adn

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