KOMMENTARE: Eine Strategie geht auf
■ Südafrikas Präsident de Klerk triumphiert beim Referendum
De Klerk hat es geschafft. Die Zweidrittelmehrheit der Weißen für eine Fortsetzung der politischen Reformen beweist, daß die Nostalgiker der Apartheid sich vorerst von ihren Machteroberungsträumen verabschieden müssen.
Für den südafrikanischen Präsidenten ist der Ausgang dieses doch riskanten Referendums der Beweis, daß der ursprünglich schon vor fünfzehn Jahren angedachte Weg einer freiwilligen, kontrollierten Machtteilung mit der schwarzen Bevölkerungsmehrheit funktioniert. „Wir müssen uns anpassen oder sterben“, heißt die Devise der regierenden Nationalpartei. Je mehr die Demokratisierung Südafrikas aus weißer Eigeninitiative erfolgt, um so mehr Einfluß werden die Weißen behalten. De Klerk ist dabei, diese Strategie zu einem Abschluß zu bringen, der ihm letztendlich die meisten Siegeslorbeeren einbringen wird. Er kann in der Rolle des Gebers auftreten, der ANC hingegen getreu dem kolonialen Weltbild als Bittsteller, als Empfänger weißer Herrengunst.
Ist nun das Schreckgespenst eines weißen Bürgerkrieges vorbei? Werden nun Faschisten und Konservative Partei ihre Waffen und Vorurteile einpacken und sich still nach Hause trollen? Es gibt gute Gründe, dies zu bezweifeln. Die aufgeputschte Stimmung der letzten Monate macht verzweifelte, vereinzelte Rückzugsgefechte wahrscheinlich. Eine „weiße Inkatha“, die in Zusammenarbeit mit obskuren Kräften im Staatsapparat gezielt Panik streut und Blut vergießt, könnte dem Zusammenspiel der Lichtgestalten am Verhandlungstisch noch manche Schwierigkeit bereiten.
De Klerk hat das Referendum aber auch deswegen gewonnen, weil man ihm zutraut, die Urheber imageschädigender Bluttaten zum Aufgeben zu bewegen — während die Konservativen auf Gewaltwellen eher reiten. Wie das Beispiel von Rhodesien/Simbabwe zeigt, ist das Bürgerkriegsrisiko in diesen Situationen am einfachsten durch eine eindeutige, auf Konsens beider Seiten beruhende Machtübergabe aus der Welt zu schaffen. Es liegt deshalb in de Klerks Interesse — und dies macht das Paradox seines Erfolges aus — so schnell wie möglich die Macht an eine gemischtrassige Interimsregierung abzugeben und wahrhaft demokratische, allgemeine Wahlen abzuhalten. Mit seiner weißen Legitimation im Rücken hat er dabei den Vorteil, daß er von nun an weniger Rücksichten auf die militante Rechte nehmen muß und daher die Umstände des politischen Wandels verstärkt selbst gestalten kann. Der ANC kann sich also darauf gefaßt machen, den Hexenkessel Südafrika in zunehmendem Maße mitregieren zu müssen — unter Bedingungen, die weniger als zuvor seine eigenen sind. Dominic Johnson
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen