: Greenpeace enttarnt Giftmüllager
Firma Tyre-Recycling wollte verrottete Fässer mit Giftmüll nach Rumänien verschieben ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt
Frankfurt/Main (taz) — Hunderte von Fässern mit hochentzündlichem Giftmüll haben Aktivisten von Greenpeace in einem Lagerhaus im nordhessischen Guntershausen entdeckt. Die Fässer mit der Aufschrift „VEB Farben- und Lackfabrik Leipzig“ gehören der Firma „Tyre Recycling Industries“ aus dem saarländischen St. Ingbert und sollten — nach Informationen der Umweltorganisation — nach Rumänien verschoben werden. Wie Andreas Bernstorff von Greenpeace auf Nachfrage mitteilte, habe „Tyre Recycling“ durch die Ausschüttung von Schmiergeldern in Millionenhöhe in Rumänien Verträge zur Ablagerung riesiger Mengen von geschredderten Autoteilen auf abgeräumten Braunkohlehalden und zur Errichtung einer Giftmüllverbrennungsanlage an Land gezogen. Offenbar in Erwartung der schmutzigen Geschäfte mit Rumänien legte „Tyre Recycling“- Chef Heinz-Werner Helmke Zwischenlager für seine Giftmüllfrachten an — eines davon auf dem Gelände der Speditionsfirma Kaiser in Guntershausen.
In Abwesenheit war Helmke im Januar dieses Jahres von einem französischen Gericht zu einem Jahr Gefängnis ohne Bewährung und zur Zahlung von 100.000 Francs Geldstrafe verurteilt wurden, weil er ohne Genehmigung in Lothringen alte Autoreifen, Auto-Schredder und Giftmüll abgelagert hatte. Dazu kamen Fässer mit Farben aus der VEB- Charge, die von Greenpeace am Dienstag auch in Nordhessen entdeckt wurden.
Die Fässer in Helmkes „Zwischenlager“ in Guntershausen sind nach Angaben von Greenpeace „verrostet, verbogen und undicht“. In unmittelbarer Nachbarschaft zu diesem Lager ohne Brandwarneinrichtungen oder Sprinkleranlage befänden sich die Wohnungen von Bundesbahnangestellten und ihrer Familien. Greenpeace: „Ein Brand würde zu einer Katastrophe führen.“ Nach Angaben der Sprecherin des hessischen Umweltministeriums, Renate Gunzenhauser, seien gestern Beamte der Unteren Wasserbehörde — unterstützt von Polizeikräften — nach Guntershausen gefahren, um vor Ort umfangreiche Untersuchungen durchzuführen und die Ermittlungen einzuleiten. Greenpeace fordert den umgehenden Abtransport der Fässer und deren „sichere Verwahrung oder vorschriftsmäßige Vernichtung“. Von der Bundesregierung verlangt Greenpeace die Unterrichtung der rumänischen Regierung und den Einsatz auf EG-Ebene für ein Exportverbot für Abfälle aller Art in die Länder der Dritten Welt und Osteuropas: „Die Giftmüllverschieberei der sauberen Deutschen wird immer widerlicher und gerät allmählich international zum zweiten Markenzeichen der deutschen Exportwirtschaft.“
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen