: Die deliziöse Feinkost der Konversation
■ Oscar Wilde's „Bunbury“ im Schauspielhaus: Kandierte Langeweile
Ich hätte ja von Bunbury dringend abgeraten; und wahrhaftig, der Regisseur Andreas von Studnitz hat aus Wilde's köstlicher Komödie einen zuckerpappigen Schmarrn gerührt, der einem direkt unter die Plomben geht. Ich also nix wie nach Hause und erst einmal gründlich die Verreißzähne geputzt, aber schließlich, was soll man noch lästern.
Bunbury ist eben ein überraschend schwieriges Stück, gell? Da treiben zwei exquisite Buben ihre Tändeleien mit wählerischen Weibsbildern und andererseits Tante Auguste. Zwar mißlingt in einem fort, was sie anzetteln, aber was am Ende glückt aus ganz andern Gründen, ist doch auch, weil sie gar so trefflich zu parlieren wissen, von ihnen irgendwie herbeigeredet: Das ganze Stück ist eine Nonstop-Performance elegantester Sprachgewalt.
Man bräuchte dazu Dandies, zumal von Format; da geht's schon los: Was ist ein Dandy? Man weiß vielleicht nur, was ein Dandy nicht ist, und im Schauspielhaus samstags sahen wir's:
Ein näselnder Stockschnupfenspießer ist kein Dandy, und ein zuckerpappiger Schmarrn ist nicht von Wilde
kein Schnösel wie Lutz Herkenraths immerhin charmanter Algernon, erst recht kein näselnder Stockschnupfenspießer wie Dirk Diekmanns John. Beide sind zu leicht durchschaubar für die raffinierten Dialogspielchen, die ihnen auferlegt sind; beide sind Jungens, denen man gerne alles glauben möchte, nur nicht die allem Wortfechten doch innewohnende Drohung, unverhofft ernst zu werden.
Wie rasant müßte das abgehen! Mit dieser gewissen schwindelmachenden Atemlosigkeit! Aber statt Power haben wir im Schaupielhaus die deliziöse Feinkost der Konversation, ausgestellt in einer braven Salon- und Vorgartenwelt (Bühnenbild: Claudia Billourou). Da bleiben von allem Tempowitz bloß die 99 numerierbaren Stellen, wo man einfach trotzdem gluckst wg. Wilde. Und damit's zwischendrin erst recht langweilig wird, hat Andreas von Studnitz dem Stück noch zahlreiche Regiespäßken in den Weg gelegt, über die es seinem verdienten Ende entgegenrumpelt.
Das Publikum, soweit es aus Theaterangestellten bestand, lachte dennoch lauthals, wo es irgend ging; der Applaus am Ende war gerecht, aber herzlich. Manfred Dworschak
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen