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ES BEGANN MIT EINER FERNSEH-REPORTAGE

USA im Rotwein-Fieber

Washington (afp) — Die USA sind im Rotwein-Fieber: Nach der Ausstrahlung einer CBS-Reportage im vergangenen November über die heilsame Wirkung des Rotweingenusses auf das Herz bei Franzosen wollen es die Amerikaner der Weinnation nun gleichtun. In den vergangenen fünf Monaten stieg der Verkauf von „Gamay“, „Merlot“, „Cabernet“ und anderer kalifornischer Rebsorten sprunghaft an. Der 'Gomberg Report', eine kalifornische Fachzeitschrift, errechnete eine Steigerung von zwölf Prozent im vergangenen Jahr. Das US-Weininstitut in Los Angeles gab an, daß in den Supermärkten des Bundesstaates im Dezember 1991 gar 44 Prozent mehr gegorene Trauben über den Ladentisch gingen als im Vergleichsmonat des Vorjahres. „Alles begann mit der CBS-Reportage“, sagt Nancy Light vom US-Weininstitut. „Warum erleiden die Franzosen, die ja als starke Raucher, Lebeleute und Sportmuffel gelten, halb so oft Herzattacken wie die US-Bürger?“, bohrte der Sender im Selbstbewußtsein der Nation. Und gab die Antwort: „Weil sie regelmäßig Rotwein trinken.“ Zur Unterstützung dieser Behauptung griff CBS auf mehrere Studien zurück. So liegt nach Statistiken der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bei US-Bürgern die Zahl der Herzerkrankungen mit 315 Personen auf 100.000 Einwohner fast doppelt so hoch wie in Frankreich, wo nur 174 Personen Probleme mit dem Herzen haben. Die Reaktion auf die CBS- Enthüllung folgte prompt: „Die Leute sind über die Supermärkte und Weinhandlungen regelrecht hergefallen“, erzählt Nancy Light.

„Wir können nicht erklären, warum in den romanischen Staaten Europas weniger Menschen an Herzleiden sterben als in den angelsächsichen Ländern“, wundert sich Curtis Ellison, Spezialist für Präventivmedizin an der Uni Boston, „es scheint so, daß in diesen Ländern der mäßige, aber regelmäßige Weinkonsum das Risiko mindert.“ Einer 1990 veröffentlichten Studie zufolge soll das Risiko eines Herzanfalls bei Personen, die pro Tag ein oder zwei Gläser trinken, um bis zu 40 Prozent sinken. Der Griff zur Weinflasche könnte danach eine Wende in den USA herbeiführen, wo Herzkrankheiten laut Statistiken des „Kontrollzentrums für Krankheiten“ in Atlanta im Jahre 1989 mit 734.000 Fällen deutlich die häufigste Todesursache waren.

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