: Planungsamt bekämpft HIBEG
■ Oder: Warum ein Beamter aus Fück's Ressort Freitag nacht Bauern besucht
Freitags nach der Mittagspause beginnt für Behördenmitarbeiter gewöhnlich das Wochenende. Ungewöhnlich engagiert sind die Mitarbeiter des Umweltsenators offensichtlich aber bei behördeninternen Streitigkeiten mit den Kollegen von der „Wirtschaft“: Am Freitag, 6. März, war Lothar Mönch, Referent beim Stadtplanungsamt, bis abends nach 23 Uhr dienstlich unterwegs — im Kampf gegen HIBEG, die „Hanseatische Industrie- und Beteiligungsgesellschaft“ des Senats, um die Hemelinger Marsch.
In einem „Aktenvermerk“ hat die renommierte Anwaltssozietät Schackow&Partner im Auftrag ihrer Klienten, der betroffenen Bauern, festgehalten, wo Planungsamts-Mitarbeiter Mönch und sein Kollege sich aufhielten: Gegen 23 Uhr warfen sie bei dem Sohn des Bauern Ehlers einen Brief ein, bei Herrn Troue wurde gegen 22 Uhr Sturm geklingelt, vor dem Haus lief 15 Minuten lang der Motor eines PKW. Frau Martens hatte gegen 20.30 Uhr die Tür geöffnet, der Behördenmitarbeiter rief ihr im Flur fragend zu, ob sie auch „zur Hemelinger Marsch“ gehöre. Der Grund der arbeitseifrigen Eile: Bis Mitternacht, dann lief die Frist aus, mußte das Planungsamt den Bauern offiziell den Bescheid zustellen, nach dem es die Teilung ihrer Grundstücke und somit der Verkauf von Teilen des Bauernlandes an die HIBEG nicht genehmigen wollte.
Eigentlich hatte die Behörde am Mittag des betreffenden 6. März dem Anwalt der 14 Bauern, Notar Köhler, die Ablehnungsbescheide zustellen wollen, wie es üblich ist. Die HIBEG allerdings hatte am Tag zuvor dem Notar, der den Antrag auf „Teilungsgenehmigenehmigung“ gestellt hatte, schriftlich bestätigt, daß dieser zur Annahme einer „ablehnenden Antwort“ der Behörde nicht berechtigt sei, die Bescheide also allen betroffenen Bauern direkt zugestellt werden müßten.
Der HIBEG ging es dabei nicht um die Bauern, sondern um sich selbst: Das Planungsamt hatte nämlich schon im Vorfeld des Verfahrens die Rechtsauffassung vertreten, die HIBEG als spätere Käuferin der Grundstücke habe kein Antrags- und also auch kein Widerspruchsrecht, wenn es darum geht, ob die Grundstücke überhaupt geteilt und also verkauft werden können.
Das Planungsamt beruft sich auf Artikel 19 des Baugesetzbuches, die HIBEG widerspricht und beruft sich auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Die Rechtsfrage könnte große Folgen haben: Wenn die staatliche HIBEG gegen das staatliche Planungsamt klagen kann, dann kostet das die Bauern nichts, alles geht auf Kosten der Staatskasse — so oder so.
Das Stadtplanungsamt geht nun aber davon aus, daß seine ablehnenden Bescheide den Empfangsberechtigten vor Mitternacht und also rechtswirksam zugestellt sind. Wenn die HIBEG keinen offiziellen Bescheid bekam, sei der Bescheid auch an die Bauern rechtsunwirksam, meint dagegen die HIBEG.
Gehen die beiden bremischen Staatseinrichtungen nun vor Gericht? Dazu muß es nicht kommen, der Bremer Senat könnte ein Machtwort sprechen: Bis Mitte dieses Jahres sind die Kaufverträge so oder so nicht „endgültig“ rechtswirksam; im Kaufvertrag steht ein Rücktrittsrecht.
Denn noch ist die Hemelinger Marsch landwirtschaftliche Nutzfläche, noch hat die Bürgerschaft nicht die Umwandlung in Gewerbegebiet beschlossen. In den Schubladen des Senats liegen die Entwürfe von zwei Gutachten, nach denen die Erschließung der Hemelinger Marsch zu teuer werden könnte. Bis zum Sommer, also noch bevor die Rücktrittsfrist aus den Grundstückskaufverträgen abläuft, will der Senat entscheiden. K.W.
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