: Brandenburg-Visionen
■ Internationale Architekturstudien für Berliner Umland
Potsdam. Die Stahlarbeiterstadt Brandenburg im Jahr 2010 — ein »Klein-Venedig« mit intaktem Wasserstraßensystem, eine Wissenschafts- und Kulturmetropole mit Festspielhaus und internationalem Eisenbahninstitut. Das sind Visionen, die der dänische Architekt Christoph Stroschein und das Mailänder Büro Gregotti Associati entwickelten. Demnach soll Brandenburg per Schnellbahn in siebenundzwanzig Minuten vom Potsdamer Platz in Berlin zu erreichen sein.
Stroschein & Co. planten in kommunalem Auftrag die Region Potsdam-Belzig-Brandenburg. Anstoß für das Projekt war eine kleine Ziegelei nahe Potsdam. Anfang 1991 hatte Landrat Norbert Glante den Dänen Stroschein engagiert, um ein Sanierungskonzept für das technische Denkmal zu erarbeiten. Herausgekommen ist ein rund fünfzig Studien umfassender »Masterplan« für das südliche Brandenburg, der gegenwärtig in Potsdam ausgestellt wird.
Ausgehend von der Landschaftsgestaltung Lennes und der Tradition der Region seien Zukunftsideen für das Zusammenspiel zwischen Berlin und seinem Umland entwickelt worden. Der Mauerfall 1989, so Augusto Cagnardi vom Mailänder Architekturbüro, habe die weltweit einmalige Situation geschaffen, daß sich die »brodelnde« Metropole Berlin und ein seit fünfzig Jahren infrastrukturell kaum entwickeltes Gebiet »über Nacht« gegenüberstanden. Daraus resultiere die Gefahr, daß ein zersiedelter Speckgürtel um das Zentrum entstehe und das weitere Umland veröde. Selbst Potsdam werde innerhalb weniger Jahre zu einem Berliner Vorort verkommen, wenn ökonomische Interessen nicht in ökologisch und kulturell sinnvolle Bahnen gelenkt werden, befürchtet Stroschein.
Das Gegenmittel des internationalen Architektengespanns heißt polyzentrale Entwicklung. Bestehende Städte sollen verdichtet, historisch gewachsene Dörfer erhalten bleiben. Die Architekten planen punktuelle Wirtschafts-, Kultur- und Wissenschaftszentren. Das schließe auch ein, daß Berliner und Potsdamer Wirtschaftskraft in Städte wie Luckenwalde, Belzig oder Jüterbog umgeleitet wird. Wohn- und Arbeitsort sollen miteinander verschmelzen. adn
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