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Deutsch-türkische Ruhe nach dem Sturm

■ Genscher will noch im Juni nach Ankara/ BKA bildet Bodyguards der türkischen Regierung aus/ Pentagon hilft bei der PKK-Hatz/ Kurdische Parlamentarier verlassen türkische Sozialdemokraten

Bonn/Ankara (dpa/taz) — Trotz türkischer Verbal-Attacken gegen die Bundesregierung will Außenminister Genscher noch im Juni nach Ankara reisen. Während einer Sondersitzung des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages erklärte Genscher, er werde die noch vor den Auseinandersetzungen ausgesprochene Einladung seines türkischen Amtskollegen wahrnehmen. Angesichts des deutschen Protests gegen von türkischen Sicherheitskräften an kurdischen Zivilisten verübte Massaker sagte der türkische Kulturminister Fikri Saglar seine für Anfang Mai geplante Deutschlandreise dagegen ab. In Ankara, wo sich gestern auch der irakische Kurdenführer Massud Barsani aufhielt, hieß es, die türkische Regierung wolle die Krise in den deutsch-türkischen Beziehungen beenden, aber weiterhin nicht auf militärische Aktionen gegen „kurdische Separatisten“ verzichten. Dabei wird das türkische Militär offenbar logistisch von den USA unterstützt. Wie schon am Montag aus dem US-Verteidigungsministerium bekannt wurde, erhielt die türkische Luftwaffe vor und während ihrer Angriffe auf angebliche PKK-Stellungen in Irakisch-Kurdistan umfangreiches Datenmaterial und Luftbilder der US-Militärs und Geheimdienstler. Ein US-Regierungsbeamter bezeichnete die Hilfe für den Nato-Partner als „normales Verfahren angesichts der gemeinsamen Interessen dort drüben“, schließlich seien beide Seiten „besorgt über Terrorismus“. Wörtlich erklärte der Beamte, der anonym bleiben wollte: „Wir ordnen keine Luftangriffe an, aber wir teilen Geheimdiensterkenntnisse.“ Gemeinsame Interessen verbindet auch Bonn mit Ankara. So werden gegenwärtig beim Bundeskriminalamt (BKA) in Meckenheim bei Bonn achtzehn Leibwächter der türkischen Regierungsspitze gedrillt. Das BKA bestätigte gestern, daß sich die Bodyguards auf Kosten der Bundesregierung seit Sonntag in Meckenheim aufhalten.

Keinen Konsens mehr gibt es zwischen der Fraktionsführung der türkischen „Sozialdemokratischen Volkspartei“ (SHP) und ihren kurdischen Mitgliedern. 14 kurdische SHP-Abgeordnete traten gestern aus der Partei aus, weil die SHP nichts gegen die Unterdrückung der Kurden unternehme. Die SHP bildet mit der konservativen „Partei des rechten Weges“ die türkische Regierung und hatte den Kandidaten der kurdischen „Arbeitspartei des Volkes“ (HEP) über ihre Listen Zugang zum Parlament verschafft. Durch den Austritt der 14 HEPler schrumpft die Regierungsmehrheit der Koalition auf 250 von insgesamt 450 Sitzen. Die SHP verfügt jetzt nur noch über 72 Mandate, die Konservativen haben 178 Abgeordnete.

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