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Gaddafi pokert weiter mit

■ Libyens Staatschef hält die UN-Resolution für null und nichtig: „Wir liefern nicht an den Westen aus“

Tripolis (ap/dpa) — Der libysche Staatschef Muammar el-Gaddafi will sich dem Weltsicherheitsrat nicht beugen. Trotz der angedrohten Sanktionen werde sein Land die beiden Männer nicht ausliefern, die von den USA und Großbritannien für die Flugzeugkatastrophe in Lockerbie 1988 verantwortlich gemacht werden, erklärte er am Samstag erneut. Er sprach von einem Kreuzzug des Westens gegen die gesamte islamische Welt.

In seiner Ansprache zum Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan vor etwa 3.000 Gläubigen in Tripolis sagte Gaddafi, die Resolution 748 sei „null und nichtig“, denn sein Land habe nicht gegen den Weltfrieden verstoßen und kein anderes Land angegriffen. Damit spielte er auf die in der UN-Charta festgelegten Voraussetzungen an, die es dem Weltsicherheitsrat erlauben, Sanktionen zu verhängen. Die libysche Position sei eindeutig, sagte er, Libyen werde nicht gegen libysches Recht verstoßen. Sein Land werde Widerstand leisten. „Wir richten erneut unseren eindringlichen Appell an die Völker der arabischen Nation und sagen, daß sich die Schlacht jetzt in einen Kampf zwischen Christenheit und Islam gewandelt hat.“

Gaddafi schien sich allerdings eine Hintertür offenzulassen. Während er von der Unmöglichkeit sprach, die Verdächtigen an die Westmächte auszuliefern, wiederholte er sein Angebot, einen Prozeß „bei der Arabischen Liga oder in einem arabischen oder befreundeten Land“ führen zu lassen. „Wir werden sie nicht ausliefern“, bekräftigte er, fügte dann aber hinzu: „Wenn sie sich aber freiwillig dazu bereitfinden und aus eigenem Antrieb gehen, dann ist das in Ordnung.“ Und am Sonntag erklärte der libysche Ministerpräsident Abu Seid Omar Durda gegenüber der Pariser Sonntagszeitung 'Le Journal du Dimanche‘, er sei bereit, nach Paris zu kommen, um einen Weg aus dem Konflikt mit der UNO zu finden. Am Dienstag wollen die Außenminister von mehreren arabischen Staaten in Kairo ihre Beratungen über eine gütliche Beilegung der Lockerbie-Krise wiederaufnehmen. Das vor zwei Wochen gebildete Libyen-Sonderkomitee der Arabischen Liga wolle die neuesten Entwicklungen beraten, hieß es am Samstag in Liga-Kreisen. Im Liga- Komitee sind Ägypten, Syrien, Libyen, Marokko, Mauretanien, Algerien und Tunesien vertreten.

Der Weltsicherheitsrat will gegen Libyen ein Waffen- und Luftverkehrsembargo in Kraft setzen, falls Tripolis die beiden Männer nicht bis zum 15. April ausliefert. Die USA forderten ihre Bürger auf, Libyen sofort zu verlassen.

Giftgaswaffen in Rabta?

London (dpa) — Ein Industriekomplex südwestlich der libyschen Hauptstadt Tripolis produziert nach einem Bericht der Londoner 'Sunday Times‘ auf vollen Touren Giftgaswaffen. Bisher sei angenommen worden, daß das Zentrum bei der Ortschaft Rabta weitgehend aufgegeben wurde, nachdem sich ausländische Firmen vor drei Jahren unter amerikanischem Druck aus dem Unternehmen zurückgezogen hatten.

Der 'Sunday Times‘ zufolge hat die obskure britische Firma Tosalex Trading westliche Spezialisten angeworben, um das Werk wieder in Gang zu bringen. Darunter seien verschiedene Mitarbeiter von Firmen, die schon vorher am Aufbau von Rabta mitgearbeitet hatten. Die Spezialisten kämen aus Dänemark, Österreich, Italien und Polen.

Gegenwärtig laufe die Massenproduktion von Raketen, Bomben und Granaten, die mit chemischen Kampfstoffen ausgerüstet werden könnten. In einem Teil des Komplexes werde das Nervengas Sarin hergestellt. Es gebe eine Kapazität von drei Tonnen Sarin pro Woche.

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