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Premiere: Frau wird Bischöfin

In der lutherischen Kirche Hamburgs erhält Maria Jepsen Mehrheit vor ihren Konkurrenten/ Freude bei Reformern, versteinerte Gesichter bei Traditionalisten  ■ Von Uwe Birnstein

Im Hamburger Michel wurde Kirchengeschichte gemacht: Als erste evangelisch-lutherische Kirche wählte die Nordelbische Kirche (NEK) eine Frau auf den Bischofsstuhl. Maria Jepsen, 47jährige Pröpstin aus Hamburg, wird vom Sommer an den rund 900.000 evangelischen ChristInnen der Hansestadt vorstehen. 78 KirchenparlamentarierInnen schenkten ihr am Samstag auf der Wahlsynode Stimme und Vertrauen. Und das schon im ersten Wahlgang, was niemand vermutet hatte. Ihr „Mit-Kandidat“ Helge Adolphsen (51), Hauptpastor am Hamburger Michel, erhielt nur 44 Stimmen.

Dieses schnelle und eindeutige Ergebnis ist nach Meinung von Insidern auf die Streitigkeiten in der Vorwahlzeit zurückzuführen. Denn Jepsen wie Adolphsen waren keine Traum-, sondern KompromißkandidatInnen. Die medienwirksame Kampagne einiger ewiggestriger Pastoren schürte die Stimmung im Endeffekt für Maria Jepsen.

„Darf eine Frau Bischöfin sein?“, diese Frage erhitzte die hanseatischen Gemüter am meisten. Darüber gerieten die inhaltlichen Unterschiede der beiden KandidatInnen ins Abseits: Maria Jepsen stellt sich als basisorientierte Geistliche dar, versteht sich als feministische Theologin und agiert offen gegen kirchliche Hierarchien. Helge Adolphsen, traditioneller Lutheraner und ehemaliger Militärdekan, gilt als Vertreter des herkömmlichen Volkskirchenmodells. Die durch diese Wahl vorprogrammierten Konflikte ließen sich schon bei Verkündigung des Wahlergebnisses erkennen: Tosender Applaus bei den meisten, versteinerte Gesichter bei vielen Männern, vornehmlich der höheren Kirchenbürokratie.

Auch Maria Jepsens künftige Bischofsbrüder zeigten sich nicht sonderlich erfreut über den schwesterlichen Zuwachs. Bei den letzten beiden Wahlen hatten sie sich noch gegen ihre weiblichen Wahlgegnerinnen durchsetzen können.

Ulrich Rüß (48), Vorsitzender der konservativen „Kirchlichen Sammlung um Bibel und Bekenntnis“ erklärte sich immerhin zu einer „kritischen Zusammenarbeit“ bereit. „Demokratie ist nicht immer der Wahrheit förderlich“, meinte der Geistliche und wünschte sich Gespräche mit der „Quoten-Bischöfin“.

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