: Radunski warnt vor Asyl-Wahlkampf
■ Wahlausgang in Kiel und Stuttgart schockiert Berliner Politiker/ CDU schließt nicht aus, mit Asylthema Kommunalwahlkampf zu machen
Berlin. Der Wahlausgang in Baden- Württemberg und Schleswig-Holstein hat auch in die Reihen der Berliner Politiker tiefe Verunsicherung getragen. SPD-Chef Walter Momper reagierte mit »Bestürzung« auf das Wahlergebnis und warnte die Berliner CDU »ausdrücklich«, mit dem Asylthema im Wahlkampf für die Kommunalwahlen am 24. Mai zu »zündeln«. Eine derartige Kampagne wäre eine »Belastung« für die Große Koalition und würde »nur den Rechtsradikalen« nutzen, sagte Momper zur taz.
CDU-Generalsekretär Karl-Joachim Kierey erklärte dagegen, seine Partei lasse sich von dem Koalitionspartner SPD »nicht vorschreiben«, welches Thema sie im Wahlkampf verwende. Nach den Wahlergebnissen in Kiel und Stuttgart, die der Generalsekretär als »Schock« bezeichnete, brauche die CDU auf alle Fälle ein »neues strategisches Nachdenken«. Auch in der Berliner Bevölkerung gebe es »eine ganze Menge Ängste« und ein Potential für die Rechtsradikalen, das vermutlich größer sei, als bislang in Umfragen zutage getreten.
Kierey forderte die Berliner SPD auf, eine Initiative zur Änderung des Asylartikels im Grundgesetz mitzutragen. Das, so Kierey, wäre ein »entscheidender Schritt«. Die SPD reagierte mit entschiedenem Widerspruch. Eine Änderung des Asylrechtartikels im Grundgesetz »ist mit mir nicht zu machen«, erklärte Walter Momper. Sozialsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) kritisierte, eine Grundgesetzänderung wäre lediglich »eine vorgespiegelte Lösung«. Das Problem liege in Wahrheit »in der Dauer des Asylverfahrens und in den über 250.000 unbearbeiteten Fällen«.
Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen erklärte, die Wahlergebnisse in Kiel und Stuttgart seien »Ausdruck tiefgreifender Verunsicherung in einer Phase des Auf- und Umbruchs in Europa«. Sie seien nicht auf Einzelprobleme wie das Asylrecht zurückzuführen. Am Nachmittag traf sich Diepgen mit Kierey, CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky und Bundessenator Peter Radunski, um die Konsequenzen der Wahlergebnisse für die Berliner CDU zu erörtern.
Radunski, der in seiner früheren Funktion als Bundesgeschäftsführer der CDU viele Wahlkämpfe organisiert, warnte seine Partei, die Asylfrage zum Thema der Kommunalwahlen zu machen. »Ich würde das nicht tun«, sagte Radunski zur taz. Die Gefahr sei groß, daß »andere ihre Geschäfte damit machen« könnten. Seiner Ansicht nach sei in Kiel und Stuttgart nicht die Asyldebatte wahlentscheidend gewesen, sondern Ängste im Gefolge der deutschen Einheit und des Umbruchs in Osteuropa. Die Gefahr sei groß, daß die Berliner bei den Kommunalwahlen ähnliche Ängste in einen »Denkzettel« für die Große Koalition ummünzen könnten. Dies könne sowohl den rechtsradikalen Parteien zugute kommen wie Grünen und PDS.
Die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/ Grüne, Renate Künast, sagte, ihre Partei müsse im Wahlkampf nun »verstärkt erklären, warum wir bestimmte ausländerpolitische Forderungen wie das kommunale Wahlrecht für Ausländer erheben«. FDP-Chefin Carola von Braun kündigte an, die Liberalen würden im Kommunalwahlkampf »noch deutlicher Position beziehen gegen rechte und ausländerfeindliche Wunderheiler«. hmt
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