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Dresdner Bank zurück zu den Wurzeln

Der 120 Jahre alte Name bietet im Ostgeschäft klare Imagevorteile/ Bilanz mit zweistelligem Gewinnzuwachs/ Abmahnung des Kartellamts wegen Überkreuzverflechtung mit der Allianz  ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt/Main (taz) — In Ostdeutschland genießt sie im harten Wettbewerb der deutschen Geldinstitute einen klaren Imagevorteil: Im Vorwort des Geschäftsberichtes für das Bilanzjahr 1991 schreibt Wolfgang Röller, noch bis Ende dieses Jahres amtierender Vorstandssprecher: „Vor 120 Jahren stand die Wiege unserer Bank in Dresden.“ Exakt 216 Filialen hat die Bank in Ostdeutschland gegründet. Dazu kommen neue Bankhäuser in den GUS-Metropolen Sankt Petersburg, Kiew und Alma-Ata sowie in Prag und Budapest.

Gerechnet hat sich für Röller vor allem die zu Jahresbeginn 1990 erfolgte Fusion der Dresdner Bank AG mit der Dresdner Kreditbank AG in Dresden. Von dem mit 6,4 Prozent angegebenen Zuwachs der Bilanzsumme auf 291,6 Milliarden DM entfällt knapp die Hälfte auf das von der Kreditbank im Osten eingebrachte Geschäft. Und bei einem Kreditvolumen von 12,3 Milliarden Mark wurde rund ein Drittel von der Kreditbank in Dresden vergeben. Bei den Einlagen stammte „deutlich mehr als die Hälfte“ aus den neuen Bereichen Dresden, Leipzig und Berlin: „Back to the roots.“ Das Teilbetriebsergebnis — Zins- und Provisionsüberschuß minus Verwaltungsaufwand — nahm um 13,5 Prozent auf 2,2 Milliarden DM zu.

Im Osten, so Röller gestern auf der Bilanzpressekonferenz der Bank im 31. Stock des (noch) höchsten Banken-Wolkenkratzers der Mainmetropole, habe die Dresdner mit einem Marktanteil von „weit über fünf Prozent“ beim Einlagengeschäft den alten Dauerkonkurrenten Deutsche Bank abhängen können. Doch der Konzern mit dem „grünen Band der Sympathie“ hinkt mit seinen knapp 300 Milliarden DM Geschäftsvolumen im Elefantenrennen noch gut 100 Milliarden DM hinter dem deutschen Branchenleader Deutsche Bank her. Den Konzerngewinn nach Steuern und Rücklagen gab Röller mit 455 Millionen DM an. Die AktionärInnen sollen trotz der hervorragenden Ertragslage eine gegenüber dem Vorjahr gleichbleibende Dividende von 12 DM erhalten.

Zum Jahreswechsel 1992/93 wird Röller (62) zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates avancieren. Sein Nachfolger im Amt des Vorstandssprechers wird der „Internationalist“ (Röller) Jürgen Sarrazin werden, der bereits im Aufsichtsrat der französischen Partnerbank Banque National de Paris (BNP) sitzt und von Frankfurt aus die Auslandsaktivitäten der Dresdner Bank koordiniert.

Das strahlende Bilanzergebnis wird allerdings durch die Kritik des Kartellamts an der Allfinanzstrategie, die Röller mit Allianz-Aufsichtsratschef Wolfgang Schieren erarbeitet hat, getrübt: Die Aufsichtsbehörde kritisiert die „Überkreuzverflechtungen“ des Konzerns Dresdner Bank mit der Allianz- Gruppe, die inzwischen offiziell 23 Prozent des Kapitals der Bank hält. Über diverse andere Beteiligungen hat die Allianz nach Informationen von Insidern allerdings inzwischen das Sagen im grünen Bankenturm. Nach den Vorstellungen der Beamten des Kartellamtes soll die Allianz deshalb „freiwillig“ einen Großteil ihrer Dresdner-Bank-Aktien verkaufen. Seit gestern liegen Röller die Abmahnungen der Aufsichtsbehörde auf dem Tisch. Man müsse jetzt mit dem Kartellamt reden, „bevor man die Juristen bemüht“.

Nach wie vor hält der Vorstandssprecher die Verflechtungen seines Hause mit der Allianz für legitim: „Die Freiheit, Beteiligungen einzugehen, ist Teil unseres freiheitlichen Wirtschaftssystems.“ Und weil die Beziehungen der Dresdner Bank zum Allianz-Schachtelkonzern ungetrübt seien, soll Allianz-Schieren auf der Hauptversammlung im Mai in Dresden in den Aufsichtsrat der Dresdner Bank gewählt werden.

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