: Weniger Dioxin in der Muttermilch
In NRW soll die Dioxin-Belastung um ein Drittel gesunken sein/ Werte sind dennoch viel zu hoch ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs
Die Belastung der Muttermilch mit Dioxinen und Furanen ist nach einer Studie des nordrhein-westfälischen Umweltministers Klaus Matthiesen (SPD) in den letzten zwei Jahren erheblich zurückgegangen. Die von dem Minister als „weltweit einmalig“ charakterisierte Untersuchung beruht auf Proben von 526 Müttern aus diesem Bundesland.
Die Ergebnisse hält Matthiesen trotz der relativ geringen Probenanzahl für repräsentativ. Während die Belastung in den Jahren 1987 bis 1989 zwischen 32,5 und 33,9 Pikogramm Dioxin-Toxizitätsäquivalenten pro Gramm Milchfett lag, fielen die Werte 1990 auf durchschnittlich 29,3 und 1991 auf 23 Picogramm. Durchgeführt wurde die Studie vom chemischen Landesuntersuchungsamt in Münster.
Umgerechnet auf ein fünf Kilogramm schweres Baby ergibt sich demnach bei ausschließlicher Ernährung mit Muttermilch eine Belastung von rund 50 bis 70 Picogramm pro Tag. Diese Zahlen nannte der für die Studie verantwortliche Münsteraner Wissenschaftler Dr. Fürst gestern vor der Presse in Düsseldorf.
Der vom Bundesgesundheitsamt (BGA) empfohlene noch tolerierbare Dioxin-Vorsorgewert liegt bei einem Picogramm pro Tag und Kilogramm Körpergewicht. Die Belastung des im Rechenbeispiel 5 kg schweren Babys übersteigt diesen Vorsorgewert also immer noch um das Zehn- bis Vierzehnfache. Matthiesen wies den Vergleich mit der Empfehlung des BGA allerdings als unseriös zurück. Die Vorsorgeempfehlungen des BGA bezögen sich auf eine lebenslange Dioxinaufnahme. Da Babys in der Regel nur vier bis sechs Monate gestillt würden, sei die höhere Belastung eher verkraftbar.
Die gesundheitlichen Dioxin-Risiken werden von Matthiesen gern heruntergespielt. Während andere Länder wie Bremen oder Hessen ihre dioxinverseuchten Sportplätze bis zur Totalsanierung gesperrt halten, dürfen die NRWlinge auf genauso belasteten Plätzen mit dem Segen der Düsseldorfer Landesregierung längst wieder bolzen.
Die jetzt gemessenen Werte in der Muttermilch kommen Matthiesen deshalb gerade recht. Nach Angaben des Ministers hat die Studie keine Unterschiede in der Belastungshöhe der Milch von Frauen aus städtischen und ländlichen Gebieten ergeben. Auch die Nähe des Wohnortes zu Industrieunternehmen, Müllverbrennungsanlagen oder chemischen Betrieben habe sich nicht auf die Dioxinbelastung der Muttermilch ausgewirkt. Das Ergebnis der Studie zeigt für Matthiesen, daß „die Nahrung den hauptsächlichen Expositionspfad für Dioxine und Furane darstellt“. Signifikant höhere Werte seien ausschließlich bei Frauen nachgewiesen worden, „die zu Hause einen offenen Kamin besitzen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen