: 3 Lausbuben im Zirkus des Euripides
■ Heyme enthüllt feierlich den patenten Spielplan des Bremer Theaters für die kommende Saison
v.l.: Marcello Viotti, Noch-Opernchef; Hansgünther Heyme, Bald-Intendant; Rolf Rempe, Verwaltungsdirektor / F.: F.H.
Neulich träumte mir, die drei Lausbuben Hans Kresnik, Gottfried Helnwein und Manfred Deix würden mal zusammen einen Komische Oper von Händel auf den Putz hauen! Da kam, ich grunzte schon im Schlaf, auch noch Hansgünther Heyme des Wegs und
3 Männer
am Tisch
rief: Dann mach ich eine von Puccini, und grad extra ganz ohne Zuckerkulör! Ein süßer Traum, am Morgen noch gluckste ich vor Vergnügen; aber siehe: es wird wahr! Das sind, erfuhren wir gestern, nur zwei von vielen Höhepunkten, die das Bremer Theater
für die kommende Spielzeit ausgeheckt hat (mehr dazu in den beiden Kästen).
In hellen Scharen war die Presse ins Rathaus eingerückt, und Hansgünther Heyme, der neue Intendant, spielte mit Behagen den unbewegten Beweger von allem. Also: Heyme, der in der ersten Spielzeit die Abt. Schauspiel noch selber leiten will, wird im September „mit einem herben Brocken“ eröffnen, nämlich der Helena von Euripides. Auch für die folgenden Jahre plant er je ein antikes Stück; „das sind ja ungemein wichtige Materialien“. Im Oktober sodann wird in Bremen ein großes Zelt aufgeschlagen, darinnen geht eine Buffalo Bill Show, wiewohl kritisch, mit Piff und Paff über die Manege. Für dieses Stück wird sich unser Theater mit den Ruhrfestspielen zusammentun und obendrein mit dem verblichenen Staatszirkus der DDR, welcher als Zirkus Busch-Berolina wiederauferstanden ist.
Überhaupt wird jetzt kooperiert, was das Zeug hält: Hierbei ist einzusparen, was nachher die größeren Kunstanstrengungen kosten. Heyme will sein Los auf große Stoffe und leuchtkräftige Regisseure setzen; sie ermöglichen evtl. dem Theater, sich, wie er sagt, „wieder an die einzelnen heranzuarbeiten“ — die dem Theater zur Zeit gerne davonlaufen.
Zuschauerschwund, Geldmangel und überdies ein Opernchef, der schon im nächsten Jahr die Treppe zur Deutschen Oper Berlin hinaufpurzeln will — das sind so die Gespenster, welche Heymes Nachtschlaf bedrängen werden. Der frischgebackene Noch-Opernchef Viotti wollte sich, nachdem er am Morgen in der taz von seinen Plänen gelesen hatte, erst recht nicht näher dazu äußern.
Manche Wünsche warten noch auf die erforderliche Sternschnuppe. Der Jugendclub etwa taucht in den Plänen noch gar nicht auf: „Dafür ist unbedingt extra Geld zu besorgen!“ sagt Heyme. Auch sein Vorhaben, mit einem Mobilen Theater durch Diepholzer Kneipen und Zevener Tagesstätten zu tingeln, wo noch unbeworbenes Zuschauerpotential dämmert, auch dieses Vorhaben ist von dem Geld abhängig, das es nicht gibt.
schak
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