: Die Humboldt-Universität windet sich
■ Akademischer Senat beschließt, gegen Rechtsaufsichtsmaßnahme vorzugehen/ Keine Entscheidung darüber, ob Fink wieder Rektor wird/ Wissenschaftssenator Manfred Erhardt legt Berufung ein
Mitte. Die Humboldt-Universität läßt weiterhin offen, ob sie ihrem früheren Rektor Heinrich Fink wieder sein Amt überträgt. Der Akademische Senat (AS) konnte sich auf seiner gestrigen Sitzung lediglich zu einer Erklärung durchringen, die die studentischen Vertreter eingebracht hatten. Darin wird die Universitätsleitung aufgefordert, »unverzüglich« Maßnahmen gegen die Rechtsaufsichtsmaßnahme von Wissenschaftssenator Manfred Erhardt (CDU) zu ergreifen. In dem Papier wird die Leitung außerdem angehalten, Erhardt über diese Auffassung schriftlich zu informieren. Die Entscheidung fiel in geheimer Abstimmung mit nur drei Stimmen Mehrheit.
Mit der Rechtsaufsichtsmaßnahme hatte Erhardt im Januar dieses Jahres die HUB angewiesen, Fink die Amtsgeschäfte als Rektor zu untersagen. Zuvor war Fink bereits wegen angeblicher Mitarbeit für die Stasi als Hochschullehrer gekündigt worden. Nachdem in der vergangenen Woche das Arbeitsgericht Finks Kündigung als Hochschullehrer für unrechtmäßig erklärt hatte, ist rechtlich umstritten, ob er damit auch wieder Rektor werden kann und die Rechtsaufsichtsmaßnahme hinfällig geworden ist.
Der derzeitige Rektor Adolf Zschunke erklärte gestern gegenüber dem AS, daß Erhardt ihm am Montag drei Schreiben überreicht habe, in denen unter anderem die Aufrechterhaltung der Rechtsaufsichtsmaßnahme angekündigt worden sei. Erhardt habe die Auffassung vertreten, die Maßnahme bleibe bestehen, solange noch kein rechtskräftiges Urteil ergangen sei. Verwundert zeigte sich Zschunke, daß er erst bei diesem Treffen davon unterrichtet worden sei, daß Erhardt schon am Freitag Berufung vor dem Landesarbeitsgericht eingelegt habe. Zusätzlich habe Erhardt beantragt, unverzüglich den Beschluß zurückzunehmen, der die Humboldt-Universität verpflichtet, Fink wieder als Professor einzustellen.
In zwei weiteren Schreiben werde Fink zudem aufgefordert, seinen Personalfragebogen auszufüllen und sich außerdem der fachlichen Einschätzung (Evaluierung) durch die Struktur- und Berufungskommission an der theologischen Fakultät zu unterziehen. Wie aus Kreisen des AS zu erfahren war, könnte vor allem durch die Evaluierung eine Weiterbeschäftigung von Fink als Professor verhindert werden. Zu der Frage, warum er sein Amt nicht an Fink abgetreten habe, verwies Zschunke auf ein neues Rechtsgutachten. Er habe sich davon überzeugen lassen, daß es »eine Amtsüberschreitung wäre, wenn ich ihn (Fink) von mir aus in das Amt eingesetzt hätte«. Er wolle sein Amt jedoch »juristisch ordentlich« zu Ende führen. Prorektor Volker Klemm äußerte seine Enttäuschung über die jüngste Vorgehensweise von Wissenschaftssenator Erhardt. Die verspätete Information über die weiteren Schritte des Senators entspreche nicht den »vernünftigen diplomatischen Gepflogenheiten«.
Die studentischen Vertreter kritisierten insbesondere die mangelnde Öffentlichkeitsarbeit der Universitätsleitung seit der Urteilsverkündung. sev
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