: Irak bald ohne Atom?
■ UN-Inspektoren sollen Atomzentrum in al-Atheer zerstören/ Kay: Alliierte bombardierten nur die Kantine
Manama/München (ap/dpa) — Eine Gruppe von UN-Experten flog gestern nach Bagdad, um dort die Vernichtung der zentralen irakischen Atomwaffenfabrik einzuleiten und zu überwachen. Teamleiter Dimitri Perricos von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien sagte vor dem Abflug aus Bahrein, nun beginne die Zerstörung der Anlage von al-Atheer. Dies bedeute zugleich den Auftakt eines ganzen Projekts, das sicherstellen solle, daß die Iraker ihr Programm für den Bau einer Atombombe nicht wieder aufnehmen könnten.
„Die Iraker wissen, daß dies der Beginn ist“, erklärte Perricos über das Vorhaben in al-Atheer, das rund 65 Kilometer südwestlich von Bagdad am Euphrat liegt und als Kernstück des geheimen Atomwaffenprogramms von Präsident Saddam Hussein gilt. Der Experte von der Wiener Behörde betonte, nicht nur dort würden Anlagen zerstört: „Wir sind dabei, weitere Gebäude an anderen Stellen zu vernichten.“ Rund ein Dutzend Gebäude stünden auf seiner Liste, Ausrüstung werde dann gesondert zerstört. Die Abbruchexperten in seiner 26 Mitglieder umfassenden Gruppe hofften, die wesentlichen Teile „des technischen Kernstücks von al-Atheer“ vernichten zu können. Dazu zähle auch ein unterirdischer Bunker, der für Erprobungszwecke genutzt worden sei.
„Uns stehen acht Tage voller Arbeit bevor, und wir erwarten, daß alles gut und ohne Aufschub verläuft“, sagte Perricos. Er rechne zwar damit, daß es Diskussionen mit den Irakern über die Zerstörungspläne gebe, doch hoffe er, „daß wir die Vernichtung der Mehrzahl der Gebäude erledigen können“. Das Ziel sei die „völlige Beendigung des (Atomwaffen-)Programms, so daß keine Chancen für eine Wiederaufnahme bestehen“.
Nach Darstellung des ehemaligen Leiters der UNO-Inspektionstruppen, David Kay, arbeiten irakische Militärs trotz aller Auflagen und Überprüfungen immer noch an Atombomben. Im Golfkrieg seien die Atomanlagen mit unterschiedlichem Erfolg angegriffen worden, sagte er der Münchner Illustrierten 'Quick‘. In der Anlage in al-Atheer etwa sei „die Kantine im Eimer, nichts weiter“, sagte Kay. Auch etliche Produktionsanlagen für chemische Kampfstoffe seien im Golfkrieg nicht beschädigt worden, weil niemand die Standorte gekannt habe. Im Irak hält sich zur Zeit auch eine UNO-Inspektorengruppe auf, um die Vernichtung der verbliebenen irakischen Chemiewaffen zu betreiben.
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