: "Nicht nur die Nato sucht derweil ihren neuen Feind..."
■ betr.: Spiegel-Essay von Ralph Giordano vom 16.3.92, "Schüsse an der Trauer, taz vom 19.3.92, "Öffentliches Schweigen", taz vom 23.3.92
betr.: 'Spiegel‘-Essay von Ralph Giordano vom 16.3.92, „Schüsse an der Trauer“ von Freimut Duwe, taz vom 19.3.92, „Öffentliches Schweigen“ von Ralph Giordano, taz vom 23.3.92
Daß (selbsternannten) Linke andere (selbsternannte) Linke als nichtlinks outen, ist nun wirklich nichts Neues, es ist vielmehr charakteristisch für die „linke Geschichte“. Der Streit um die wahre Lehre hat Sektierertum und Splittergruppen immer gefördert, statt zu einer Streitkultur zu führen, in der Ziele und Wege wirklich diskutiert werden.
Mit mich verblüffender Härte (Polemik?) greift Freimut Duwe Ralph Giordano für dessen 'Spiegel‘-Essay an. Keine Frage, Ralph Giordano provoziert, hat er doch die Linke attackiert, sich aber als dem Linken die Absolution erteilt. Unverständlich bleibt, warum Freimut Duwe den Eindruck erweckt, Ralph Giordano habe sich erst jetzt —1992— als ehemaligen Stalinisten geoutet, quasi um weiter mit den neuen alten Wölfen heulen zu können? Ist sie das, die Polemik à la die Ratten verlassen das sinkende Schiff, und wer, bitte, könnte, wollte das versilbern? Nicht nur die Nato sucht derweil ihren neuen Feind...
Die Linke braucht — vor allem aufgrund ihrer schier unendlichen Heterogenität — eine Streitkultur um Wege und Ziele; da der Feind meiner Feinde eben nicht notwendigerweise mein Freund war.
Daß die einen Opfer nicht mit den anderen aufgerechnet werden dürfen, überzeugt.
Ich sehe aber nicht ein, daß Ralph Giordano den auf dem linken Auge Blinden, denen, die nicht abgeschworen haben, einen Generalmaulkorb verpaßt: Deutsche Waffenlieferungen an die Türkei — ohne Nato-Notwendigkeit — muß auch kritisieren dürfen, wer seine Vergangenheit noch nicht aufgearbeitet hat. Sonst entsteht ein Vackuum: vollbesetzt mit lauter blinden, stummen Linken. Anita Idel, Sören
„Schüsse an der Trauer“, (Duwe), taz vom 19.3.92, „Öffentliches Schweigen“ (Giordano),
taz vom 23.3.92, „Wo bleibt die Sorgfaltspflicht“ (Engelmann), taz vom 25.3.92
Was Giordano so alles einfällt! Glaubt er wirklich, er hätte Recht und Moral der ganzen Welt hinter sich, wenn er bei seiner „Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit“ und Suche nach Gerechtigkeit von der Linken, die er trauerunfähig nennt, Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit verlangt?
Dagegen ließe sich nämlich eine Menge sagen... Ich möchte nur versuchen klarzustellen, daß das, was sich Giordano in glücklicher Einfalt von den vermeintlich Schuldigen der DDR-Tragödie, aber auch der Linken wünscht, auch alle furchtbaren Richter und Staatsanwälte eines „Abrechnungsstaates“ wünschen, damit sie die Beschuldigten besser reinlegen können. Wolfgang Schroeder, Rastede
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