: Homoehe mit Risiken
■ Aus dem "Recht auf Heirat" kann sehr schnell ein Zwang werden
Homoehe mit Risiken Aus dem „Recht auf Heirat“ kann sehr schnell ein Zwang werden
Der Einsatz von Familiensenator Thomas Krüger für die Homoehe ist ehrenhaft, da er die Intention verfolgt, die Diskriminierung von Homosexuellen abzubauen. Um so erstaunlicher ist die postwendende Distanzierung von Justizsenatorin Jutta Limbach. Hat sie doch noch im Herbst 1990 während einer Podiumsdiskussion in Berlin, überrascht über die vorwiegend ablehnende Stimmung im Saal und mit verklärtem Rückblick auf die eigene 25jährige Erfahrung, die (Hetero-?)Ehe für eine gute Sache erklärt. Gut nur für sich selber? So geht's nicht. Wer die Institution Ehe grundsätzlich befürwortet und ihre Privilegien für sich in Anspruch nimmt, muß sie auch Homosexuellen zugestehen. Alles andere ist inkonsequent.
Aus lesbisch-feministischer Sicht gibt es allerdings sehr triftige Argumente gegen die Homoehe als politisches Projekt. Das ungerechte Ehegattensplitting zur Unterstützung der Hausfrauenehe würde nicht dadurch besser, daß auch Lesben und Schwule daran teilhaben könnten. Das gleiche gilt für alle anderen Privilegien, durch die verheiratete Personen unverheirateten gegenüber bevorzugt werden. Erstrebenswertes Ziel ist daher nicht die Heranführung Homosexueller an die Fleischtöpfe der Ehe, sondern die Abschaffung dieser Sondertöpfe.
Machen wir uns nichts vor: Selbst wenn uns die Eheerlaubnis gegeben würde, bekämen wir sie nicht umsonst. Den Preis dafür müßten höchstwahrscheinlich diejenigen bezahlen, die gar nicht heiraten wollen. Zum Beispiel lesbische und schwule Paare, die bisher nicht als eheähnliche Lebensgemeinschaften gelten. Deswegen bleiben sie von der Praxis verschont, bei der das Einkommen einer PartnerIn dazu führt, daß die oder der andere von den Leistungen der Sozialhilfe, der Arbeitslosenhilfe oder des Bafög ausgeschlossen wird. Sobald die Ehe für Lesben und Schwule eingeführt wäre, würden zusammenlebende gleichgeschlechtliche Paare auch als eheähnliche Gemeinschaften angesehen. Ihnen bliebe dann nur noch der Gang zum Standesamt, um so wenigstens in den Genuß des Ehegattensplittings zu kommen. Aus dem „Recht auf Heirat“ kann so sehr schnell ein Zwang dazu werden. Jutta Oesterle-Schwerin
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