: Mengele mit 99,97 Prozent Sicherheit tot
Frankfurt (ap) — Der KZ-Arzt Josef Mengele ist endgültig für tot erklärt worden. Die Staatsanwaltschaft in Frankfurt gab gestern bekannt, sie werde die formelle Einstellung des Verfahrens gegen den ehemaligen SS-Hauptsturmführer beantragen, dem hunderttausendfacher Mord vorgeworfen wird. Es stehe „über jeden vernünftigen Zweifel hinaus“ fest, daß es sich bei dem Skelett, das 1985 im brasilianischen Embu exhumiert wurde, tatsächlich um die sterblichen Überreste des zu den meistgesuchten NS-Verbrechern zählenden Mediziners handele. Auch das israelische Justizministerium akzeptierte diesen Befund.
Letzte Sicherheit brachte ein Gutachten des englischen Wissenschaftlers Alec Jeffreys, der Skeletteile von Embu nach einem neuen genetischen Identifizierungsverfahren mit einer Blutprobe von Mengeles Sohn Rolf verglich. Der Professor von der Gen-Abteilung an der Universität in Leicester stellte sich zusammen mit anderen Experten der Presse. Jeffrey sagte dabei, die Sicherheit, mit der festgestellt worden sei, daß es sich bei dem Toten von Embu um den Vater von Rolf Mengele handele — der jetzt unter einem neuen Namen in Freiburg im Breisgau lebt — erreiche einen Wert von 99,97 Prozent.
Das israelische Justizministerium erklärte dazu, nach dem Gutachten von Jeffreys seien „alle vernünftigen Zweifel ausgeräumt worden, und es kann festgestellt werden, daß Josef Mengele, der Nazi-Arzt aus dem Todeslager Auschwitz, im Jahre 1979 gestorben ist.“ In Wien sagte Simon Wiesenthal, der Leiter des Jüdischen Dokumentationszentrums: „Wir schließen jetzt die Akte Mengele.“ Der Sohn des Arztes habe sich dem Bluttest lange widersetzt. In der Familie habe es Bestrebungen gegeben, den Zweifel am Tod Mengeles wachzuhalten.
Der 1911 in Günzburg an der Donau geborene Mengele war von Mai 1943 bis Januar 1945 Arzt im Konzentrationslager Auschwitz. Er soll in dieser Zeit an der Ermordung von mindestens 400.000 Menschen beteiligt gewesen sein. Vor allem wurden ihm grausame Experimente an Häftlingen, und dabei besonders an Zwillingen zur Last gelegt. Nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes verschwand Mengele. Über einen Hinweis aus Günzburg kam die Frankfurter Staatsanwaltschaft schließlich im Frühjahr 1985 auf die „heiße Spur“, die zu dem Grab in Embu und zur Exhumierung des dort unter dem Namen des Österreichers Wolfgang Gerhard beerdigten Toten führte. Danach ergaben Untersuchungen bereits, daß es sich mit ziemlicher Sicherheit um Mengele handele, der am 7. Februar 1979 im Alter von 68 Jahren bei Bertioga an der brasilianischen Atlantikküste beim Baden ertrunken und Tags darauf in Embu beigesetzt worden sei.
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