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Maastricht-Vertrag verfassungswidrig

Paris (afp) — Die Ratifizierung des Vertrags von Maastricht über die Schaffung der Europäischen Union macht in Frankreich Verfassungsänderungen erforderlich. Das entschied der am 11.März von Präsident Francois Mitterrand angerufene Verfassungsrat. Zu einer Änderung der Verfassung kann der Staatspräsident entweder das Abgeordnetenhaus und den Senat zu einer gemeinsamen Abstimmung einberufen oder aber eine Volksabstimmung veranlassen.

Drei Punkte des EG-Vertragswerks beanstandete der Verfassungsrat: — Erstens sei das vorgesehene aktive und passive Wahlrecht von ausländischen EG-Bürgern bei Kommunalwahlen nicht verfassungskonform, da Stadträte an der Wahl des Senats teilnehmen, der „nationale Souveränität“ ausübe. Gegen das Wahlrecht bei Europawahlen sei nichts einzuwenden.

– Bei der ab 1.Januar 1999 vorgesehenen gemeinsamen Währungs- und Wechselkurspolitik verstoße das Prinzip der Unabhängigkeit der europäischen Zentralbank und der nationalen Zentralbanken, das Monopol der europäischen Bank für die Bewilligung von Banknotenausgaben und die unwiderrufliche Wechselkursfestlegung der Mitgliedsstaaten gegen die französische Verfassung.

— Drittens werde die nationale Souveränität auch durch die Abmachung tangiert, daß ab 1.Januar 1996 die Einstimmigkeit der Zwölf bei der Bestimmung der Länder, die dem Visumzwang unterliegen sollen, nicht mehr nötig ist.

Der neue Premierminister Pierre Bérégovoy hatte am Mittwoch bei seiner Regierungserklärung die Ratifizierung des Maastricht-Vertrags für Mitte des Jahres in Aussicht gestellt. Das ist jetzt praktisch ausgeschlossen, weil das Verfahren zur Verfassungsänderung zeitraubend und kompliziert ist. Die Ratifizierung ist formell an keine Frist gebunden, doch haben sich die Zwölf den 1.Januar 1993 als Termin für die Inkraftsetzung des Vertrags zum Ziel gesetzt.

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