: Eine Art 0:0 mit zwei Toren
Eintracht Frankfurt konnte und wollte am Bökelberg nicht gewinnen und gibt die Tabellenführung an Stuttgart ab: Borussia Mönchengladbach-Eintracht Frankfurt 1:1 ■ Aus Gladbach Bernd Müllender
Spielt so ein Deutscher Meister? Die Kampfwalze Borussia Dortmund ist oben nicht wegzubekommen, genauso wie die Biederlinge vom VfB Stuttgart, aber, so merken Experten seit Wochen an, am Ende werden doch spielerisches Potential und die Bein-Möllerschen Kombinationskünste der Frankfurter Eintracht dominieren. Mit tempolosem Kühlschrankspiel versuchten sich die Hessen am Bökelberg. Resultat: 1:1, und, laut Trainer Stepanovic: „Bei der Spielkontrolle sind wir selbst eingeschlafen.“
Vielleicht lag es daran, daß die vielfältigen Vertragswerke des Andreas Möller nach aktuellem Zwischenstand aller juristischen Expertisen ein Bleiben in Frankfurt zu bedeuten scheinen. Ohnehin war in den letzten Tagen wenig von den teamspezifischen Streitereien zu hören gewesen, und wenn es denn stimmt, daß die Eintracht nur als zerstrittene, skandalfreudige Zwietracht gut spielt, dann muß es zuletzt sogar sehr ruhig gewesen sein. Und Uli Stein, der Rebell, hat sich die Haare — Modell siebziger Jahre — stutzen lassen.
Libero Manfred Binz treibt es gern elegant, aber wehe, selbst einer spielerisch doch eher bescheidenen Mannschaft wie der Borussia gelingen ein paar Direktpässe, dann wirkt er heillos durcheinander und offenbart arg schwaches Stellungsspiel. Sollte Berti Vogts an ihm festhalten, dürfen die Holländer guten Mutes sein auf das Europameisterschaftsmatch in Schweden. Uwe Bein, von Frank Schulz ein paarmal übel niedergestreckt, hielt sich sehr zurück. Und Möller stellte sich, von Ausnahmen abgesehen, so dumm und lässig an, daß die Gladbacher Fans schnell ihre helle Freude an ihm hatten und seine Aktionen verlachten. Zweimal versuchte der Frankfurter Turin- Bergamasse gar, einen Elfmeter zu erfliegen — das rief besonderes Gelächter hervor, weiß man doch seit vergangenen Dienstag, daß Strafstöße ein denkbar untaugliches Mittel sind, gegen Borussia Mönchengladbach Tore zu erzielen.
Seit die Borussia als einer von zwei krassen Außenseitern im Pokalendspiel steht, hat sich auch ihr Verteidiger Thomas Huschbeck die böse Kritik in dieser Zeitung (gegen Andreas Thom erlitt er die „Demütigung eines Fußballprofis“) zu Herzen genommen. Pausenlos hat er offenbar seitdem trainiert und wurde so zum auffälligsten Spieler auf dem Platz. Seinem Gegenspieler Jörn Andersen kaufte er dermaßen wild entschlossen den Schneid ab, daß er kurz vor der Pause völlig verwirrt einen Kopfball von Criens (nach croissanthaft gekrümmter Kastenmeier- Rechtsflanke) Borussias immergleiche Standardsituation aus dem laufenden Spiel heraus) mit der Hand in das falsche Tor schlug. Die überraschende Führung der Gladbacher. Und ersatzweise kam für Andersen der frische, freche Lothar Sippel, von den Eintracht-Freunden schon nach 20 Minuten lautstark gefordert, um sich mit Huschbeck zu messen.
Sippel schlug sich besser beim Frankfurter Spiel auf ein Tor und traf gekonnt aus der Schräge, aus elf Metern Entfernung (Wo war Kamps?), nach Stellungsfehler unseres Freundes Huschbeck. Bald darauf verirrte er sich einmal nach vorne, Uli Stein kullerte ihm beim Abschlag den Ball vors Bein, doch das anschließende Tor von Criens zählte nicht. Eine böse Fehlentscheidung. Und so versuchte sich Huschbeck noch mal mit einem superb eleganten Bogenlampen-Eigentorversuch in letzter Minute, doch da war Kamps vor. Trainer Jürgen Gelsdorf lobte seinen Ersatzstopper hernach als eine Art Kampfmittelräumdienst: „Toll, wie der Junge sich so voll in seine Aufgaben reinkniet. Aber seit er spielt, kriegt er auch nur solche Granaten wie Furtok, Thom und Andersen.“ Nächste Woche folgt in Nürnberg Granate Zarate. Wir sind gespannt.
Fazit eines müden Nachmittags, nach einer Art 0:0-Spiel mit zwei Toren: Frankfurts Tabellenführung ist futsch, aber Stepanovic meint: „Wir haben den Punkt gewonnen, den wir uns gewünscht haben.“ Und Gelsdorf: „Ich bin sehr zufrieden, das war ein goldener Punkt für uns.“ Wie schön: Bescheidenheit ist eine große Zier, doch für den Betrachter war's nicht Plaisir.
Frankfurt: Stein - Binz - Roth, Bindewald - Frank Möller, Andreas Möller, Bein, Falkenmayer, Weber - Yeboah, Andersen (46. Sippel).
Zuschauer: 28.500
Tore: 1:0 Criens (42.), 1:1 Sippel (62.).
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