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FIS-Führer in Algerien angeklagt

Algier (ap) - Die algerische Justiz hat nach Abschluß ihrer Ermittlungen Anklage gegen die beiden Vorsitzenden der Islamischen Heilsfront (FIS) erhoben. Wie ein Militärgericht in Algier mitteilte, sollen Parteichef Abassi Madani und sein Stellvertreter Ali Belhadj die Armee zur Revolte aufgewiegelt, eine eigene paramilitärische Organisation gebildet haben und als Rädelsführer für Aufruhr und Sabotageakte verantwortlich sein. Die beiden Führer der seit März verbotenen fundamentalistischen Partei sind seit den Unruhen im Juni vergangenen Jahres in Haft. Zwei weitere Anklagepunkte lauten auf Propaganda zur Untergrabung der staatlichen Autorität und Störung der Volkswirtschaft. Belhadj, der als Führer des extremen Flügels der FIS gilt, wird ferner beschuldigt, Angehörige der Sicherheitskräfte entführt zu haben. Das Militärgericht nannte noch keinen Termin für den Prozeßbeginn. Neben Madani und Belhadj sind fünf weitere FIS-Führer seit dem ersten Ausnahmezustand von 1991 im Militärgefängnis von Blida bei Algier inhaftiert. Nach der Machtübernahme des von den Streitkräften gestützten Staatsrats im Januar dieses Jahres wurde erneut der Ausnahmezustand erklärt. Mehrere tausend Anhänger sowie die gesamte politische Führung der Partei wurden festgenommen und in Internierungslager in der Sahara gebracht. Wegen Aufwiegelung der Streitkräfte wurde bereits Abdelkader Hachani angeklagt, der nach der Verhaftung Madanis den provisorischen Vorsitz der FIS übernommen hatte. Die Fundamentalisten hatten bei den ersten freien Parlamentswahlen in Algerien Ende Dezember die meisten Stimmen erhalten.

Unterdessen ist ein Franzose algerischer Abstammung, der Arzt Dalil Boubakeur, zum neuen Rektor der Pariser Moschee und damit in eines der einflußreichsten Ämter des Islam in Frankreich gewählt worden. Dies teilte die Moscheeverwaltung am Sonntag mit. Der 51jährige Arzt tritt die Nachfolge des 71jährigen Scheich Teschini Haddam an, der wegen seiner Mitgliedschaft im algerischen Präsidialkollegium seit mehreren Monaten stark umstritten war. Der Algerier Scheich Teschini Haddam gehörte dem vor drei Monaten nach dem Staatsstreich in Algerien gebildeten Hohen Staatsrat an und wurde wegen dieser politischen Funktion von vielen französischen Moslems abgelehnt. Der in Algerien geborene Dalil Boubakeur, Sohn des bekannten Theologen Si Hamza Boubakeur, gilt als gemäßigt.

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