piwik no script img

Debatte um Drogen und Polizei

■ Versammlung: „Gegenkampagne“ verdrängte Vorwürfe gegen Polizei

„Mit einer solchen Entsolidarisierungsbewegung haben wir nicht gerechnet“, erklärte einer der etwa 250 Bremerinnen und Bremer, die am am Montag abend im Konsul-Hackfeld-Haus ein erstes Resumee der Veröffentlichung der Mißhandlungs-Vorwürfe gegen die Bremer Polizisten auf der Wache 3 am Brommyplatz versuchten. Die Innenbehörde, da waren sich die meisten Anwesenden einig, habe mit Dementis und einer gezielten Gegenkampagne von den Vorwürfen abgelenkt. Besonders hart fiel die Kritik an der Bremer Koalition aus: „Als die Ausländerheime brannten, haben sie ihr Herz für Ausländer entdeckt, jetzt schweigen sie“, erklärte ein Mitglied des Anti-Rassismus-Büros, das diese Veranstaltung organisiert hatte, und erntete lebhaften Beifall.

Die Gegenkampagne der Behörden habe darin bestanden, in der Öffentlichkeit eine Verbindung zwischen afrikanischen Asylbewerbern und Drogenhandel aufzubauen. Die Vorwürfe von Mißhandlungen an Schwarzafrikanern sollten als Kampagne einer „Drogenmafia“ dargestellt werden. „Bei der Staatsanwaltschaft glaubt das aber auch kein Mensch“, erklärte Rechtsanwalt Horst Wesemann. Allenfalls „Kleindealer“ seien unter den Asylsuchenden, und wenn es zum Umschlag größerer Mengen Rauschgiftes komme, dann nur, „weil Polizeispitzel als vermeintliche Käufer mehr Stoff anfordern.“

Die Eskalation im Drogenhandel resultiere aus der desolaten Drogenpolitik, erklärte der Anwalt weiter. Die rigide Verbotspolitik über das Vehikel des Betäubungsmittelgesetzes sei endgültig gescheitert. „Wenn wir feststellen, daß ein bestimmter Prozentsatz der Bevölkerung trotz Verbot konsumiert, dann ist so ein Gesetz gescheitert.“

Um die Arbeit der Polizei besser kontrollieren zu können, müßte den einzelnen Revieren Beamte im Rotationsprinzip zugeordnet werden. „So könnten bestimmte Grüppchenbildungen, die Zustände, wie wir sie jetzt haben, begünstigen, im Ansatz vermieden werden.“

Mittlerweile gibt es weitere aussagewillige Zeugen, die über Gewalttätigkeiten auf dem 3. Revier Angaben machen können, erklärte Wesemann. Die Staatsanwaltschaft ermittle dagegen mit angezogener Bremse, weil in der nächsten Woche ein Führungswechsel in der Behörde zu erwarten sei: Oberstaatsanwalt Hans- Georg von Bock und Polach kehrt nach einem längeren Arbeitseinsatz in den neuen Bundesländern nach Bremen zurück und übernimmt dann die Ermittlungen.

Eine dauerhafte Verbesserung der Zustände in den Polizeirevieren sei allerdings nur durch eine neue Gesetzgebung im Drogenbereich zu erwarten. Der Weg in die Legalisierung der Drogen sei unvermeidlich. mad

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen