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Tägliche Anwendung

■ „Schulz&Schulz III“ im ZDF am Montag um 19.35Uhr

Mensch, liest Du denn keine Zeitung?“, fragt der eine Schulz den anderen Schulz beim Abendbrot mit Spreewälder Gurken. Im Streit der eineiigen Ost-West-Zwillinge Schulz&Schulz (Götz Georg ohne Schnäuzer) geht es um Abschreibung, Seilschaften, Parteikassen, die Treuhand und die Einheitslügen der Politiker.

„Mensch, liest Du denn keine Zeitung?“ — das ist die Frage zu diesem Fernsehspiel, denn den semi-aktuellen Klischee-Mix, der über den Schirm geht, den kennen wir, den haben wir im Kopf. Den wenden wir selbst täglich an. Schulz&Schulz, der Komödie dritter Teil bildet nur ab, kommt zu früh, um mit den Vereinigungsversatzstücken wirklich zu spielen. Und er kommt zu spät: Der wehende Historienmantel hat schon mehrere Schlußverkäufe hinter sich, das deutsch-deutsche Crashtempo ist zu hoch.

Der Ostbruder Walter will endlich im eigenen Grafik- und Malerbetrieb „ehrliche“ Leistung bringen und „seinen“ Leuten den Arbeitsplatz erhalten. Daß seine Tochter den alten Wartburg nicht mal geschenkt will, geht im nicht in den Kopf. Der Westbruder Wolfgang, Besitzer einer Werbeagentur, gibt großzügig Aufschwungkredit, denkt dabei aber nur an die Grundstücke und die Steuerersparnis — er schreckt nicht einmal davor zurück, den Betrieb von Walter mit Hilfe alter Genossen in eine Waschanlage für Parteigelder umzubauen. Seine Geschäftspartner bewirtet er mit Sahnetorte in Form von Mauerelementen. Am Ende werden die „Bonzen“ von Walter&Wolfgang sehr frei marktwirtschaftlich abgezockt. Und geheiratet wird nebenbei auch noch.

Nur ganz kurz kommt der Doppel- George mal richtig in Fahrt. Da unterhält sich das Bruderpaar im Bad und nimmt dazu den Spiegel in Anspruch. Hundeblick trifft Hundeblick. So stellt man sich Zwillingskomödien vor. Oder Götz George macht ein bißchen Slapstick. Schuppert in der Werbeagentur am Edding, schiebt beim Gespräch mit der Bankberaterin vor Begeisterung fast den Computerbildschirm vom Tisch, der zwischen beiden steht. Schön auch, wenn beim Auftritt der Skins Heinos „Blauer Enzian“ erklingt.

„Heute richtet sich alles nach den Einschaltquoten. Die Qualität der Drehbücher hat merklich nachgelassen. Taucht dann ausnahmsweise mal ein gutes auf, wird es verharmlost und entschärft.“ So oder ähnlich hat sich Götz George mehrfach über das Fernsehen geäußert und betont, daß er öfter selbst Dialoge umschreibe und versuche, durch sein Spiel etwas zu retten. Doch das allein reicht nicht. Auch diesmal. Hans-Hermann Kotte

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