: Die Fans surften
■ „Sepultura“ im Aladin: Top speed metal aus Brasilien mit Oberarmbruch
Dienstag im Aladin: Etwas zwischen Kreissäge und Flex. Krach. Die musikalische Darbietung dreier mittelmäßiger Spieler an Baß, Gitarre und Drums. Fudge Tunnel beherrschten offenbar nur ein Stück, das sie in vielen Versionen herunternudelten. Erwähnenswert sind sie eigentlich nur, weil sie es wagten, selbst Cream zu covern. Schrecklich.
Aber dann. Die Headliner des Abends, Sepultura aus Brasilien. Das langmähnige Quartett wurde schon lange vor Konzertbeginn lautstark vom erwartungsfrohen Publikum bejubelt. Immerhin geht den Südamerikanern der Ruf voraus, eine der schnellsten Metal-Bands überhaupt zu sein. Kaum waren die vier auf der Bühne, ging auch schon die Post ab. Mit einem irrwitzigen Tempo sägten Max Cavalera und Andreas Kisser an ihren Saiten, bei Kisser um so bemerkenswerter, da er nach einem Oberarmbruch mit einem futuristischen Metallgestell am Bizeps spielen mußte. Ohne Frage, die „Bestattungs“- Spezialisten, so die Übersetzung von „Sepultura“, sind eine Teufelskombo. Bei Mass Hysteria etwa schien es so, als wollte Drummer Igor Cavalera schneller als das Licht trommeln. Mit zwei Fußmaschinen und einem Großaufgebot an Schlagfellen ausgerüstet, trieb er den infernalischen Klang-Orkan in Bereiche jenseits von Gut und Böse. Das war kaum noch Musik, Melodien waren sowieso nicht auszumachen, das war Instrumenten- Overkill. Die Fans vor der Bühne waren außer sich vor Begeisterung, zelebrierten ihr Headbanging bis zur Nackenstarrheit oder krabbelten gar auf Nachbars Schultern, um lang ausgestreckt über die Menge zu surfen. Sepultura sind eine Dimension für sich. Von der Lautstärke her fällt ohnehin nur das Wort „unbarmherzig“ ein, sonst toben die Musiker auf der Bühne herum wie Irrsinnige. Eine blendende Kondition müssen sie haben, andernfalls könnten sie das ultraschnelle Gehacke über knapp zwei Stunden gar nicht durchhalten. Pausen gönnten sie sich höchstens sekundenweise. Wie sie darüberhinaus ihr sehr komplexes, weil ständig von Breaks durchsetztes Repertoire punktgenau miteinander abstimmten, bleibt ihr Geheimnis. Niemand wird ernsthaft behaupten wollen, bei den Brasilianern handele es sich um Virtuosen — Sänger und Gitarrist Max Cavalera im Interview: „Beim Spielen brauche ich nur zwei oder drei Saiten“ — das Timing der vier ist ihr großes Kapital. Cool J.F.
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