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Verspielte Chance

■ Der UN-Sicherheitsrat ignoriert die Vorschläge der Arabischen Liga

Verspielte Chance Der UN-Sicherheitsrat ignoriert die Vorschläge der Arabischen Liga

Einen „großen Sieg für die internationale Gemeinschaft im Kampf gegen den Terrorismus“, nannte der britische Außenminister Douglas Hurd den Beschluß des UN-Sicherheitsrates vom 31.März. Die damals vor allem auf US- amerikanischen Druck verabschiedete Resolution setzte jenen Automatismus in Gang, demgemäß gestern UN-Sanktionen gegen Libyen in Kraft traten. Die Verstärkung der Sicherheitsvorkehrungen an den meisten internationalen Flughäfen und die Warnung des Washingtoner Außenministeriums an in Europa und Nordafrika weilende US-Bürger vor möglichen Anschlägen strafen Hurds Aussage jedoch Lügen.

Die jetzt eingesetzten Sanktionen haben zwar eher symbolischen Wert. Doch in Washington und London wird schon laut über die Verhängung eines Ölembargos nachgedacht. Auch ein Totalembargo wie gegen den Irak scheint nicht mehr unwahrscheinlich. In jedem Fall drehen die USA die Schraube des Konflikts mit Libyen eine Windung weiter. Dieser Konflikt begann jedoch nicht erst mit den Attentaten auf zivile Flugzeuge. Den US- Regierungen waren in den letzten Jahren viele Mittel recht, um die libysche Führung entweder zu bedrohen oder zum wahlkampfrelevanten Feindbild aufzubauen. Nachdem vermutlich libysche Terroristen die vor allem von GIs besuchte Berliner Diskothek „La Belle“ in die Luft jagten und dabei zwei Menschen töteten und weitere 200 verletzten, ließ die US-Regierung am 15.April 1986 die libyschen Städte Tripolis und Bengasi bombardieren. Bei dem „Vergeltungsschlag“ starben 41 Menschen, die mit der Bombe in der Berliner Diskothek nichts zu tun hatten. Zum Nachdenken sollte auch Anlaß geben, daß zur Zeit der Reagan-Regierung ein Desinformationsskandal aufflog. Der Journalist Bob Woodward enthüllte von der US-Regierung autorisierte CIA-Strategien zur Desinformation der Medien über Libyen. Der US-Geheimdienst verbreitete damals gezielt Falschinformationen über vermeintliche terroristische Aktivitäten Libyens. Die Tatsache, daß die Entlarvung der vermeintlichen Lockerbie-Attentäter wiederum dem CIA zu verdanken ist, macht eine neutrale Untersuchung der Vorfälle umso notwendiger.

Aber die entsprechenden Institutionen, UN-Sicherheitsrat und Internationaler Gerichtshof in Den Haag, haben diese Chance verpaßt. Wenn es im UN-Sicherheitsrat nicht so zugeht, wie die Vertreter der USA, Großbritanniens und Frankreichs wünschen, führt man eben „bilaterale Gespräche“. In einem Hinterzimmer etwa soll sich der Vertreter Chinas mit dem US-Vertreter getroffen haben. China bietet an, seine „Nein“-Stimme zur Enthaltung zu machen und darf als Aufwandsentschädigung weiterhin Produkte in den USA verkaufen und auch das böse Wort vom Tiananmen-Platz fällt in Zukunft noch seltener. Marokko hält still und darf die Westsahara völkerrechtswidrig noch ein bißchen länger besetzen.

Eine höhere Kontrollinstanz als diesen UNO-Sicherheitsrat gibt es aber nicht. UN-Beobachter und Blauhelme werden in Zukunft in der Region einen schweren Stand haben. Daß sich der Sicherheitsrat über den Appell der Arabischen Liga hinwegsetzte, ist Wasser auf die Mühlen derjenigen, die wie Gaddafi Attentate à la Lockerbie zum „gerechten Kampf“ erklären. Thomas Dreger

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