Weltbank und IWF unter Zugzwang

■ Die beiden internationalen Finanzinstitutionen sind auf Aufnahme der früheren Sowjetrepubliken eingestellt/ Erste Weltbank-Kredite für Landwirtschaft bereits im Sommer/ IWF plant Beistandskredit

Washington (dpa/taz) — Noch nie haben die Weltbank und der Internationale Währungsfond so schnell reagiert wie auf die Beitrittsgesuche der GUS-Staaten. Die Weltbank hat die Weichen für eine Aufnahme aller fünfzehn früheren sowjetischen Republiken gestellt und will, wenn alles reibungslos läuft, schon im Sommer erste Kredite auszahlen. Das Exekutivdirektorium der Bank schuf am Dienstag mit Vorschlägen für eine Kapitalerhöhung von 9,3 Milliarden Dollar und einer Aufteilung der Anteile auf Rußland, die zehn GUS- Mitglieder, die Baltenstaaten sowie Georgien die Voraussetzungen.

Die 156 Mitgliedsländer der Weltbank sollen, wie es in einer Mitteilung der Bank heißt, diese Vorschläge bis zum 27.April, dem Beginn der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank in Washington, billigen. Voraussetzung für die Mitgliedschaft in der Weltbank ist die Aufnahme in den IWF. Der IWF hat Berichten zufolge seine Vorbereitungen für eine Aufnahme der früheren sowjetischen Republiken ebenfalls weitgehend abgeschlossen. Nach den Vorschlägen der Weltbank sollen die früheren sowjetischen Republiken mit zusammen 9,3 Milliarden Dollar Eigenkapital an der Weltbank beteiligt werden. Damit würde sich das Bankkapital auf rund 185 Milliarden Dollar erhöhen. Der Anteil der früheren Sowjetrepubliken an dem neuen Gesamtkapital würde danach 5,05 Prozent betragen. Von den 9,3 Milliarden Dollar müssen lediglich drei Prozent bar eingezahlt werden. Mit Abstand größter Anteilseigner soll Rußland werden. Hinsichtlich der Stimmrechte würde es in etwa mit Kanada, Indien, Italien und Saudi Arabien gleichgestellt. Nach den Worten von Weltbankpräsident Lewis Preston wird die Bank mit dem Beitritt der früheren sowjetischen Republiken einen „echten globalen Status“ erreichen.

Für den Fall, daß die Aufnahme in IWF und Weltbank in den kommenden Wochen erfolgt, was niemand ernsthaft in Zweifel zieht, können einige der früheren Sowjetrepubliken im Sommer mit ersten Krediten der beiden Organisationen rechnen. Die Weltbank arbeitet, wie verlautete, an einem Rußlandkredit von bis zu einer Milliarde Dollar für wichtige Importgüter auf landwirtschaftlichem Sektor und im Transportwesen. Vom IWF könnte Rußland Informationen zufolge im Sommer einen Beistandskredit von rund vier Milliarden Dollar erhalten. Rußland hat der Weltbank-Mitteilung zufolge angedeutet, daß es auch in den Kreis der Länder eintreten will, die die Weltbank- Tochter IDA finanzieren. IDA gibt fast kostenlose Kredite an die ärmsten Länder der Dritten Welt, deren jährliches Pro-Kopf-Einkommen 800 Dollar nicht übersteigt. Einige der asiatischen GUS-Länder dürften einen Anspruch auf IDA-Hilfen anmelden.

Das Vorpreschen der Bundesrepublik und der USA, die voreilig das von den G-7-Staaten geschnürte Rußlandpaket über Hilfen in Höhe von rund 24 Milliarden Dollar verkündet hatten, hat den politischen Druck auf die beiden Finanzinstitutionen erheblich verstärkt. Vor allem aus der Ecke des „Zehnerclubs“, dem neben den G-7-Staaten Belgien, Niederlande, Schweden und die Schweiz angehören, war verschiedentlich Kritik laut geworden: Trotz aller politischen Notwendigkeiten müsse zunächst einmal die Glaubwürdigkeit der Wirtschaftsreformen vor allem in Rußland geprüft werden, bevor die Voraussetzungen für einen Stabilitätsfond der G-7 als erfüllt angesehen werden können. es