Bei Orthodoxen eiern die Uhren anders

■ Russen feiern zusammen mit Griechen, Serben, Polen und syrischen Christen in der Nacht vom 25. auf den 26. April Ostern/ Drei russisch-orthodoxe Kirchen sowie eine griechisch-orthodoxe in Berlin

Berlin. Die orthodoxen Kirchen feiern Ostern nach dem Julianischen Kalender. Die Karwoche beginnt mit dem Palmsonntag, und der fällt dieses Jahr auf den 19. April, nach gregorianischem Kalender also auf den Ostersonntag. An diesem Tag wird mit einer »Göttlichen Liturgie« an den Einzug Jesu in Jerusalem erinnert. Das Fest der Einsetzung des Heiligen Abendmahls wird am Vormittag des Gründonnerstags ebenfalls mit einer Liturgie gefeiert, am Abend mit einem Passionsgottesdienst. Am Karfreitag (24. April) wird nachmittags die Kreuzabnahme, Grablegung und die Beweinung Jesu zelebriert. Abends folgen Klagegesänge. Bei der griechisch- orthodoxen Kirche in Steglitz (Buschkrugallee 37) wird der Abendgottesdienst mit einer einstündigen Prozession durch die umliegenden Straßen verbunden.

Der Höhepunkt des russisch-orthodoxen Osterfests ist die große »Göttliche Liturgie« in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag (25/26. April). Sie beginnt mit einer Prozession genau um Mitternacht. Die Gläubigen tragen Kerzen, Ikonen, Kreuze und die Evangelien mit Gesängen um die Kirche. Diese Zeremonie nennt sich »Kretowij chod«, zu deutsch: Christ weist einen Gang mit dem Kreuz. Die Gläubigen begrüßen sich mit »Kristos wokres«, Christ ist auferstanden, und antworten mit »Woispono woskres«, ja er ist wahrhaftig auferstanden. Anschließend beginnt der feierliche Auferstehungsgottesdienst, der mindestens fünf Stunden dauert. Die Zeremonie wird in den drei russisch-orthodoxen Kirchen in Berlin, nämlich in der Kathedrale in Wilmersorf (Nachod-/ Ecke Konstanzer Straße), in Karlshorst (Wildensteiner Straße 10) und auf dem russischen Friedhof in Wittenau, gefeiert. Die prächtigste Liturgie mit mehreren Chören findet in Wilmersdorf statt. Hier zelebriert der Bischof Theofanos (sonst Karlshorst) mit sehr viel Weihrauch den Gottesdienst. In der Regel nehmen an diesem Gottesdienst auch die orthodoxen Griechen, Serben, Polen sowie die Chaldäisch und syrisch-orthodoxe Kirche teil. Insgesamt finden sich in Wilmersorf jede Ostern um zweitausend Christen ein. In Potsdam findet der — etwas intimere — Auferstehungsgottesdienst in der Alexander-von-Newskij-Kirche in der Russischen Kolonie statt.

Am Ostersonntag, bei den Orthodoxen Auferstehungstag genannt, treffen sich die Serben vormittags zu einer Festliturgie und die griechisch- orthodoxe Gemeinde am Mittag zu einer »Vesper der Liebe«. Anschließend findet auf dem Kirchplatz ein Volksfest statt. Die Russisch-Orthodoxen beginnen unmittelbar nach dem nächtlichen Gottesdienst mit dem Osterfrühstück, dem »Rasgowlenie«. Einige Spezialitäten sind unverzichtbar. Neben bunt gefärbten und geweihten Eiern, die Pascha, eine extrem kalorienreiche Süßspeise aus Quark, Butter und Eiern, und der Kolitsch, ein gebackener Kuchenturm aus Nüssen, Mandeln und Rosinen. Nach einigen Stunden Schlaf beginnt dann ebenfalls am Nachmittag die Vesper der Liebe. Nach einer kurzen Andacht wird aufgegessen, was die Gläubigen am frühen Morgen übriggelassen haben. aku