: Fujimori will zurück zur Demokratie
■ Im Fernsehen versprach Perus Präsident ein Referendum und Neuwahlen für Parlament/ San Ramón vom aufgelösten Parlament als Gegenpräsident vereidigt/ Gewalttätige Demonstrationen in Lima
Lima (taz) - Der peruanische Präsident Alberto Fujimori hat versprochen, binnen eines Jahres zur Demokratie zurückzukehren. Er werde seine Notmaßnahmen vom 5. April im Juli einem Referendum unterwerfen und im kommenden Februar Neuwahlen fürs Parlament ausschreiben, erklärte der Staatschef Dienstag abend in einer Fernsehansprache. Unterdessen bröckelt jedoch die Unterstützung im eigenen Land. Sein Wirtschaftsminister Carlos Bolona und der Superintendent für Banken und Versicherungen, Hugo Garcia Salvatecci, traten zurück. Hunderte von Anhängern von Fujimoris bisherigem ersten Stellvertreter Máximo San Ramón demonstrierten am Dienstag in Lima, als San Ramón vom aufgelösten Parlament als Gegenpräsident vereidigt wurde. Die taz hatte nach Berichten vom Wochenende verfrüht gemeldet, die Zeremonie habe nach San Ramóns Rückkehr nach Peru in der Nacht zum Sonntag stattgefunden.
San Ramón legte vor den Abgeordneten seinen Amtseid auf die von Alberto Fujimori suspendierte Verfassung ab. Da das Kongreßgebäude noch immer von Militärs abgeriegelt ist, fand die schlichte Zeremonie am Sitz der Anwaltskammer statt. Draußen stießen mehrere hundert Anhänger der Opposition mit den Sicherheitskräften zusammen, die das Gebäude abriegelten. Auch vor dem Hotel, in dem die Mission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) untergebracht ist, kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen rund 200 Anhängern und Gegnern Fujimoris. OAS-Generalsekretär Joao Baena Soares und Uruguays Außenminister Hector Gros Spiel, die einen Dialog zwischen Fujimori und der Opposition anbahnen sollen, führten am Dienstag erste Gespräche mit Politikern, Unternehmern, Richtern und Vertretern von Menschenrechtsvertretern. Auch mit Präsident Fujimori und den Präsidenten der beiden aufgelösten Parlamentskammern kamen sie zusammen. Gros Spiel erklärte, in Kürze würde Soares zusammem mit drei anderen OAS-Außenministern eine weitere Vermittlungsreise nach Peru unternehmen. Sie stehen jedoch vor einem schwierigen Unterfangen, denn ein Dialogangebot der Regierung an „alle politischen und sozialen Kräfte“ ab 1. Mai haben die Politiker ausgeschlagen. Hatte doch der diktatorisch regierende Präsident gleichzeitig allen, die sich seiner Politik widersetzten, „energische Maßnahmen“ angedroht. In seiner Fernsehansprache kündigte Fujimori nun erneut einen „nationalen Dialog“ für den 5. August an. Alle gesellschaftlichen Kräfte sollten dabei über eine Reform der suspendierten Verfassung beraten. Daß diese reformbedürftig ist und die Korruption im Justizapparat nach drastischen Säuberungen ruft, ist unter allen Politikern unbestritten. Kaum jemand will den Status quo ante wiederherstellen. Fujimori kündigte an, die für den 8. November geplanten Kommunalwahlen würden wie gewohnt stattfinden. Dabei solle die Bevölkerung auch zu den Verfassungsänderungen Stellung nehmen, die möglicherweise im August beschlossen werden. Den 28. Februar kommenden Jahres hat die Regierung als Termin für die Neuwahl des Parlaments ausgewiesen. Am 5.April 1993, am Jahrestag des Putschs, sollen die Abgeordneten zur ersten Sitzung zusammentreten.
Fujimori zeigte sich „enttäuscht“ über das internationale Mißtrauen gegenüber seinen Maßnahmen, wies aber auf die „breite öffentliche Unterstützung“ hin, die er und die Armee in Peru genössen. Die Popularität des Präsidenten ist bisher in den verarmten Bevölkerungsschichten ungebrochen, die sich nun wirtschaftliche Verbesserungen und eine effizientere Terrorismusbekämpfung erhoffen. Armeechef General Hermozo dementierte Behauptungen San Ramóns, er habe hohe Offiziere auf seiner Seite.
San Ramón wird von keiner Regierung der Welt als legitimer Präsident Perus anerkannt, doch auch Fujimoris international isoliertes Regime wird große Schwierigkeiten haben, seine radikal-neoliberalen Wirtschaftspläne im Alleingang zu verwirklichen. Wirtschaftsminister Bolona zog Konsequenzen aus seinem gescheiterten Versuch, mehr als 800 Millionen eingefrorener Kredite loszueisen. Neben Salvatecci trat auch Perus Botschafter in Washington, Roberto McLean, zurück. Zentralbankpräsident Jorge Chavez seinerseits wurde von Fujimori gefeuert, nachdem er mit Gegenpräsident San Ramón konferiert hatte. R. Leonhard/rik
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