: Saarbrücken hebt ab
■ Der 1.FC Saarbrücken freut sich nach dem souveränen 4:0 gegen Waldhof Mannheim schon auf seine fünfte Bundesligasaison
Saarbrücken (taz) — 28 Jahre ist es her, daß der 1.FC Saarbrücken erstmals aus der Bundesliga abstieg. Die Saarländer avancierten damals zum „Team der ersten Halbzeit“, führten meist auch gegen große Gegner wie den späteren Meister 1.FC Köln, um dann noch in der letzten halben Stunde zu verlieren. So ging es denn gleich zu Beginn wieder nach unten und erst Mitte der 70er Jahre wieder nach oben, diesmal für zwei Jahre. In den 80ern glückte erneut der Aufstieg, prompt fuhr man im Jahr darauf aber wieder nach Freiburg, Meppen und Havelse.
In ihrer Glanzzeit nach dem Zweiten Weltkrieg galten die Blauschwarzen aus dem Stadteil Mahlstadt als die „interessanteste Mannschaft Europas“ (FIFA-Präsident Jules Rimet). Sie spielten in der zweiten französischen Division und wurden dort Meister, durften aber nicht in die erste Division aufsteigen. Die Blau- Weiß-Roten hatten schlicht Angst, der 1.FCS würde unverschämterweise französischer Meister. So stiegen die Saarbrücker aus der Liga aus, machten sich auf in die weite Welt und schlugen unter anderem die damals weltbeste Fußballmannschaft Real Madrid im Estadio Bernabeu mit 4:0. Auch im Europapokal der Landesmeister nahm der 1.FCS als Staats-Champion teil und siegte in San Siro gegen den AC Mailand mit 4:3.
Von solchen Zeiten ist der 1.FC Saarbrücken heute noch weit entfernt. Nach dem 4:0-Sieg im Spitzenspiel der 2.Liga Süd gegen den desolaten Verfolger SV Waldhof warnte der Geburtstag feiernde FCS-Coach Peter Neururer vor der eigentlich plausiblen Annahme, „wir wären schon aufgestiegen“. Gefahr sieht er nämlich in Gestalt des „Erzfeindes“ FC08 Homburg, der die Kicker aus der ungeliebten Landeshauptstadt allzu gerne als Publikumsmagnet unten halten würde. Und Gefahr Nummer zwei lauert weit weg in Thüringen, in Gestalt des Pepita-Populisten Klaus Schlappner, der mit seinem letzten Arbeitgeber Saarbrücken noch ein Hühnchen rupfen will und mit Carl-Zeiss Jena noch im Saarbrücker Ludwigspark und in Mannheim spielen muß.
Für Waldhof-Trainer Klaus Toppmöller ist die Saison dagegen so gut wie zu Ende. Drei Punkte Rückstand, miserables Torverhältnis, Torhüter Kari Laukkannen gesperrt, Roland Dickgießer nicht mehr einsatzfähig. Wie im letzten Jahr unter Günther Sebert scheinen sich die Blauschwarzen aus Mannheim gegen Saisonende eine verhängnisvolle Auszeit zu genehmigen. Ganze zwei Torchancen erspielten sie sich. Saarbrücken hatte deren sieben und machte drei Tore daraus. Hinzu kamen ein Elfmeter sowie zwei nicht gegebene Tore.
Die Saarländer machten vor 29.500 Zuschauern permanent Druck und hatte durch den überragenden Christian Pförtner und Michael Preetz mehrere Chancen zur Führung. Mannheim tat nichts, igelte sich ein. Folgerichtig erzielte Wolfgang Schüler nach 34 Minuten das längst verdiente 1:0. Als Schiedsrichter Manfred Führer zur Pause pfiff, faßte sich Klaus Toppmöller an die Nase — Symbolik pur.
In der zweiten Halbzeit verwandelte Kostner einen Foulelfmeter zum 2:0 (52.) und Preetz rückte dann dreizehn Minuten vor Schluß alle Zweifel beiseite, überlief die chaotische Abwehr der Waldhofer und schoß das schönste Tor des Tages. Zwei Minuten später zog Laukkannen Wolfgang Schüler die Beine weg und sah rot. Jonathan Akpobories 4:0 in der Schlußminute war dann nur noch Ergebnisverschönerung.
Waldhof darf sich nun auf 23 Heimspiele in der nächsten Zweitliga-Spielzeit freuen, derweil der 1.FC Saarbrücken nur noch durch eigene Dussligkeit am vierten Aufstieg vorbeischlittern kann. „Wir sind jetzt mit einem Bein in der Bundesliga“, stellte Peter Neururer fest, fügte aber gleich im Nebensatz an, mit einem Bein könne man keinen Fußball spielen. Günter Rohrbacher-List
Gruppe Nord, Meisterrunde: Meppen - St. Pauli 0:2, Oldenburg - Hannover 5:0; Tabelle: 1. Uerdingen 46:27/37:21; 2. Oldenburg 51:36/34:24; 3. Hertha 42:38/32:26; 4. Hannover 32:33/32:26; 5. St. Pauli 35:36/30:28; 6. Meppen 34:32/28:30
Qualifikationsrunde: Remscheid - Fortuna Köln 0:1; Tabelle: 1. Remscheid 37:33/30:28; 2. Osnabrück 41:42/30:28; 3. Braunschweig 46:46/29:29; 4. Blau-Weiß 37:47/26:32; 5. Köln 32:46/21:37; 6. Brandenburg 34:51/19:39
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen