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Edles Sponsorentum?

■ Hilmar Hoffmann über Geldsammeln für Kultur

Als „Geldsammler in Sachen Kunst und Kultur“ stellte sich am Dienstag der ehemalige Frankfurter Kulturdezernent Hilmar Hoffmann in Bremerhavens Industrie- und Handelskammer vor. Eingeladen von der Wirtschaftsförderungsgesellschafsowie von dem neu gegründeten Verein „Kunst & Nutzen“ sollte er mit Hinweisen über die Kunst, Sponsoren zu locken, die lokalen Berührungsängste von Wirtschaft, Kulturbehörde und Kultur-Szene abbauen helfen. Der geborene Bremer, der seit 1990 als Geschäftsführer für die Mainzer „Stiftung Lesen“ jährlich zwei Millionen DM sammelt, warnte vor falschen Erwartungen an die offenen Hände der Wirtschaft: Kulturförderung müsse staatliche Pflichtaufgabe bleiben. Eine herbe Enttäuschung bereitete Hilmar Hoffmann den VertreterInnen der alternativen Szene: Das im antiken Rom begründete „edle Sponsorentum“ überlasse die Förderung unbekannter OFF- Theater und alternativer Kunstexperimente gerne der öffentlichen Hand und schmücke sich lieber mit dem Ruhm der Großen. Sogar im Frankfurter Kulturhaushalt (500 Millionen DM) fielen für die Alternativen gerade 0,5% ab. Da jede Lohnerhöhung den Etat der städtischen Bühnen steigere, werde das Problem für alternative Kultur immer größer.

Hilmar Hoffmann lobte allerdings das Kunstengagement der Deutschen Bank, die in ihren Frankfurter Bürotürmen eine Beuys-Grafik mit martialischem Spruch aushängt („Die Revolution, das sind wir“). Auf den illuminierten Fluren der Bank werde statt „dekorativer Imagepolitur“ die Kunst der Gegenwart gezeigt, ein „einzigartiges Konzept kontinuierlicher Kunstförderung“ in einer Zeit, in der es „um das humane Kapital der Sinnorientierung“ gehe.

Das jährliche Kultur-Sponsoring beziffert Hoffmann mit 110 bis 250 Mio. Staat, Länder und Gemeinden steckten etwa das 30-fache in die Kultur. Und das arme Bremerhaven? „Wie können wir die Herzen der Privatwirtschafter erreichen?“, fragte Anne Schmeckies, Sprecherin von „Kunst & Nutzen“, und beschrieb die Lage der Stadt: Die Jugend wandere ab und Top-Management wolle wegen der mangelnden kulturellen Infrastruktur gar nicht erst kommen. „Werden die Mittel in der Kommune knapper“, sagte der Sprecher der IHK deutlich, „dann wird die Wirtschaft das nicht ersetzen können.“ Das Ergebnis: Es soll weitergeredet werden. hh

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