: SEXUALMEDIZINER DISKUTIERTEN
Kondom-Renaissance
Heidelberg (dpa/taz) — Es gibt wieder Neues auf dem Markt der Schwangerschaftsverhüterli: In der Bundesrepublik soll in Kürze ein Kondom für Frauen auf den Markt kommen. Das Frauenkondom besteht aus einem Plastiksack, der mit zwei Gummiringen an seinem Platz gehalten wird und die Scheide „ausgekleidet“. So soll die Schutzwirkung gegen eine ungewollte Schwangerschaft und die Ansteckung mit dem HIV-Virus oder einer Geschlechtskrankheit erzielt werden. In der Schweiz sei dieses Kondom bereits vor zwei Monaten eingeführt worden. Es sei für Frauen geeignet, deren Sexualpartner Kondome nicht benutzen wollen oder aufgrund von Sexualstörungen nicht benutzen können — womit die Verhütungsfrage wieder der Frau überlassen wäre. Neben dieser Neuentwicklung stand am letzten Tag des dreitägigen Kongresses der Sexualmediziner in Heidelberg das klassische Kondom für den Mann im Mittelpunkt des Interesses. Trotz zahlreicher Aufklärungskampagnen über das Präservativ als wirksamste Schutzmaßnahme gegen die Ansteckung mit dem HIV- Virus werde es nur von zehn bis 15 Prozent der Paare in der Bundesrepublik benutzt, sagte Knut Hoffmann vom Institut für Familienplanung in Karlsruhe. In Schweden seien es 30 Prozent und in Japan sogar 75 Prozent. Hoffmann kritisierte, daß die Aufklärung über die Kondom-Benutzung durch die Ärzte zu wünschen übrig lasse. Dies gelte vor allem für die Beratung Jugendlicher, die bei ihrem ersten Sexualverkehr in mehr als einem Drittel der Fälle Kondome benutzen. Nach Angaben Hoffmanns besteht offensichtlich auch bei Ärzten eine große Unsicherheit über die Wirkung des Kondoms als Schutzmaßnahme zur Empfängnisverhütung. Er verwies in diesem Zusammenhang auf eine jüngste Befragung von Hamburger Ärzten. Danach haben nur 14 Prozent der befragten Ärzte gegenüber ihren Patienten eine Empfehlung für das Kondom ausgesprochen. Wolfgang Müller von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung berichtete bei dem Kongreß über die Kampagnen der Bundesregierung zur Aids- Aufklärung in der Bundesrepublik. Mittlerweile sind nach seinen Angaben 30 Fernsehspots zu diesem Thema bereits über 1.000mal gesendet worden. Fast jeder habe schon einmal einen solchen Spot gesehen.
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