: Bosnien will Waffenhilfe der KSZE
Hinter der Forderung der USA, Serbien aus der KSZE auszuschließen, vermutet man in Belgrad die „Hand der Deutschen“/ Trotz beginnenden Abzugs der Bundesarmee weitere Kämpfe in Bosnien ■ Von Roland Hofwiler
„Gewinnt der deutsche Block?“ Mit dieser Schlagzeile wartete gestern nicht nur die 'Jedinstvo' auf, auch andere Tageszeitungen Serbiens stellten sich die bange Frage: Werden Serbien und Montenegro als Rechtsnachfolger des zusammengebrochenen Jugoslawien von der EG und den KSZE-Staaten anerkannt, oder wird dem Antrag Österreichs und der USA stattgegeben, „Neu-Jugoslawien“ auszuschließen, solange Belgrad den Krieg gegen Bosnien weiterführt? Zeitungen wie das Regierungsblatt 'Politika‘ unterrichten ihre Leser bereits seit Tagen mit Hintergrundartikeln, wie es überhaupt so weit kommen konnte, daß die westliche Welt auf die „Zerstörung Jugoslawiens“ setze. Obwohl die BRD bei den Sanktionsforderungen gegen Serbien gar keine führende Rolle spielt, ist ihre Hauptthese dabei immer wieder, Deutschland sei durch den Fall der Berliner Mauer und der Auflösung der UdSSR zur europäischen Großmacht schlechthin geworden. Diesem „Diktat“ könnten sich selbst die USA nicht mehr beugen: „Es konnte niemand Genschers Pläne zur deutschen Vorherrschaft eindämmen“, dieser hebe sich nicht nur besonders bei der Zerschlagung Jugoslawiens, sondern auch bei der Unterwerfung Europas hervor. Nun seien es die „Handlangerstaaten“ Österreich, Ungarn, Slowenien und Kroatien, die dem „Vierten Reich“ Pate ständen, um Jugoslawien zu vernichten.
Wie kaum anders zu erwarten, plädierten gestern dagegen die elektronischen Medien Kroatiens und Sloweniens ganz offen dafür, Belgrad müsse so weit wie nur irgendwie möglich auf der internationalen Politbühne isoliert werden, ansonsten bestehe die Gefahr, daß sich der gesamte Balkan in ein Flammenmeer verwandle. In einem Interview zeichnete der letzte gesamtjugoslawische Staatschef, der Kroate Stipe Mesic, ein noch düstereres Bild. Danach ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Nachbarstaaten Ungarn, Griechenland und Albanien in ähnlicher Weise wie Kroatien und Slowenien von Serbien in den Krieg hineingezogen werden. Mesic: „Die KSZE kann wenig ausrichten, die sechste US-Flotte bedeutend mehr.“
Ähnliche Appelle richteten gestern auch die elektronischen Medien Bosniens an die europäische Staatengemeinschaft. Bosniens Außenminister Haris Silajdzic wurde im Sarajevoer Rundfunk mit den Worten zitiert: „Der Ausschluß Belgrads aus der KSZE ist das mindeste, was wir erwarten — ein militärisches Eingreifen wäre uns lieber.“ Eindeutig bezog auch Albanien Position.
Trotz des beginnenden Abzugs von rund 15.000 monenegrinisch- und serbischstämmigen Bundessoldaten aus Bosnien-Herzegowina hat sich dies zunächst nicht auf die Kämpfe in den Kriegsgebieten ausgewirkt. Aus Bosnien wurden weitere Angriffe der Armee gemeldet, gekämpft wurde auch in Sarajevo. Unterdessen stellte in Zagreb der Präsident des kroatischen Parlamentes, Zarko Domljan, den UNO-Friedensplan, der eine Stationierung von 14.000 Blauhelmen im serbischen Siedlungsgebiet Kroatiens vorsieht, in Frage. Da jeder Staat das „legitime Recht“ habe, sein gesamtes Territorium zu schützen, könne Kroatien eine Entmilitarisierung seiner Grenzgebiete nicht zulassen. Die serbische Minderheit hatte dagegen eine Ausweitung des Stationierungsgebietes gefordert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen