piwik no script img

DIE FÜNFTE GEWALT — WEGE DURCH DEN MEDIENDSCHUNGEL Von Ben Vart

Heute im Angebot: Medien- Obszönitäten — im Dreierpack billiger. Bitte schön.

Wenn die Gewerkschaften mit Lohnforderungen Politik machen, sind die Neoliberalen bei der Wirtschaftswoche verärgert: „In nahezu allen Branchen setzten die DGB-Verbände Tarifverträge durch, die das Einkommen der Beschäftigten schon bis Mitte der neunziger Jahre an die West-Verdienste heranzuführen versprachen... Doch die schnellen Erfolge werden die Arbeiter-Organisationen teuer zu stehen kommen. Das ökonomische Wahnsinns-Projekt, die ostdeutschen Löhne innerhalb von nur vier Jahren vom Standard eines Schwellenlandes auf das Niveau von Japan zu hieven, so das deutsche Ökonomie-Ehepaar Gerlinde und Hans- Werner Sinn, komme ,einem Beschäftigungsverbot für die neuen Länder‘ gleich.“ Die Schuldverteilung an kommenden ökonomischen Desastern hat schon begonnen — die Gewerkschaften sind schuld: „Über Jahre, soviel ist sicher, muß sich Deutschland auf ein riesiges Heer von Arbeitslosen einstellen, eine gigantische industrielle Reservearmee.“ So hätten sie's gern: Die Preise für Nahrungsmittel und Energie schon heute und fürs Wohnen auch demnächst wie im Westen, aber verdienen weiterhin wie in ,Schwellenländern‘ (also ambitionierter dritter Welt).

Die Marschrichtung der Neoliberalen ist klar: „Das Überangebot auf dem Arbeitsmarkt wird über kurz oder lang die Löhne drücken und die Konkurrenz um die knapper werdenden Arbeitsplätze in Ost und West verschärfen.

Denn darauf verlassen sich die Rechten und Reichen, daß es, bei zunehmender Armut und sich rasant entwickelnder Perspektivlosigkeit für die Unterschicht, so ablaufen wird wie in den Vereinigten Staaten. Daß der aufgebrachte Prolet sich nur am anderen Kleinen vergreift — am Lastwagenfahrer oder Gemüsehändler beispielsweise. Und der arbeitslose Skin am ausgenutzten Ausländer. These: Pack schlägt sich. Antithese: Pack verträgt sich.

Während die da unten — geographisch: Jugoslawen — ganz mit sich beschäftigt sind, haben die da oben — nicht nur geographisch: Deutsche — ganz andere Sorgen. Der einfache Mensch kann im Zweifelsfall nur sein kleines, dreckiges Leben verlieren.

Andere mehr — ihre großen, sauberen Schiffe beispielsweise, wie Yacht erschüttert zu berichten weiß: „Während elf Boote durch Geschosse leicht beschädigt wurden — 57 Schiffe wurden vorher auf die Insel Iz in Sicherheit gebracht, 200 Dauerlieger suchten rechtzeitig das Weite — entstand am Hafen selbst kein Schaden. Dagegen wurde die Marina Borik einen Kilometer nördlich arg in Mitleidenschaft gezogen. Durch Mörserbeschuß wurden die Betonstege aufgerissen, Boote gingen in Flammen auf oder wurden durchsiebt. 40 Charterschiffe hat man noch rechtzeitig vor der Attakke aus Borik abgezogen.“ Schade, daß es bei den Verreckten keine so präzisen Angaben und Zahlen gibt. Aber man muß Prioritäten setzen können.

Der kurze Playboy-Witz auf der Rückseite des aufklappbaren Pin- Ups, also kurz über Tanjas linker Brust: „Was macht der Schneider, als er seine Frau mit einem anderen im Bett erwischte? Er hat sie verdammt und zugenäht.

Steinbach spitz: Beim nächsten Fleischerwitz eine Klitoris-Beschneidung?

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen