Oberrabbiner besucht Hamburger Friedhof

Hamburg (taz) — Gestern morgen besuchte der Oberrabbiner Jizchak Kulitz aus Jerusalem das Gelände des jüdischen Friedhofs in Hamburg Ottensen, auf dem der Bau eines Einkaufszentrums geplant ist. Gegen die Bebauung protestieren seit Monaten internationale jüdische Organisationen, während die Jüdische Gemeinde in Hamburg und ihr Landesrabbiner Nathan Peter Levinson einer Umbettung der Friedhofserde bereits zugestimmt hatten.

Kulitz, der von allen beteiligten jüdischen Organisationen als Autorität für Fragen der Halacha, dem jüdischen Glaubensgesetz, anerkannt wird, hatte bereits in anderen, ähnlich gelagerten Konfliktfällen bei der Entscheidungsfindung geholfen. Nun soll er in dem strittigen Punkt, ob eine Umbettung möglich, notwendig oder völlig ausgeschlossen ist, einen Schiedsspruch auf theologischer Basis fällen, dem sich alle Beteiligten beugen wollen. Hamburgs Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) sprach gestern über eine Stunde lang mit Oberrabbiner Kulitz, sah sich aber nicht in der Lage, anschließend Stellung zu nehmen. Auch Kulitz hielt sich nach dem Gespräch unter vier Augen bedeckt. Frühestens Mittwoch könne mit einer Entscheidung gerechnet werden. Zur Sache wollte er sich nicht weiter äußern, er sagte aber, er sei optimistisch, daß eine Lösung gefunden werde. Eine bauliche Lösung, die Überbauung auf Stelzen oder auf einem Betonfundament, unter dem die Toten geschützt wären, war von den Investoren verworfen worden. Der Friedhof war von den Nazis zerstört, nach dem Krieg an die neugegründete Hamburger Gemeinde zurückgegeben, 1951 von der Jewish Trust Company an den Hertie-Konzern verkauft und teilweise bebaut worden. Julia Kossmann