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Retro-Aktiv

Klotzen statt kleckern, hatte Klaus Rinke sich wohl gedacht, als aus Düsseldorf das Angebot kam, für ihn eine Retrospektive einzurichten. Warum also nicht gleich noch ein telefonbuchdickes Werkverzeichnis in Katalogform nachschieben. Schon im Ausstellungstitel, Retro-Aktiv, manifestiert sich Rinkes gestalterischer Wille, die Düsseldorfer Schau in den Griff zu kriegen und zur Chefsache zu machen. Der scheidende Kunsthallenarbeiter Hans-Werner Schmidt — als Kurator lieferte er wendige Interpretationen zu den Arbeiten — spielte dabei eher die Rolle des Zuträgers. Die aufgeblasene Werkübersicht des 53jährigen, einflußreichen Lehrers an der ortsansässigen Kunstakademie bricht unter dem hochtrabenden und alle Räume der Kunsthalle besetzenden Anspruch zusammen.

Rinkes Installation Wasserzirkulation (siehe Abbildung) — acht Jahre vor der ähnlich wirkenden, allerdings als Gesellschaftsmodell konzipiertren Honigpumpe von Beuys entstanden — ist purer Selbstzweck: Man pumpt aus einem ortsspezifischen Fluß das Wasser durch ein 300 Meter langes Schlauchknäuel in ein Becken innerhalb der Ausstellung und leitet es dann wieder an den Ursprung zurück. Im Unterschied zu einer Arbeit von Hans Haacke, der demonstrativ Krefelds ungereinigtes Abwasser durch seine Ausstellung strömen ließ und so den entscheidenden Anstoß zum Bau eines Klärwerks gab, ist Rinkes selbstgenügsamer Zirkelschluß Energieverschwendung. Seine illustrierte Idee — denn mehr gibt die Realisation des Konzepts dann auch nicht her — wurde in Düsseldorf durch eine Notmaßnahme doch noch zu etwas Leben erweckt: Ein Anschluß war undicht geworden und man mußte außerplanmäßig einen Eimer unter die lecke Stelle stellen. Für den Fototermin (siehe Bild) entfernte man jedoch den vermeintlichen Fremdkörper. (Klaus Rinke — Retro-Aktiv, Kunsthalle Düsseldorf, bis zum 14.Juni) Jochen Becker

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