: Kameruns ehemaliger Top-Bankier packt aus
■ Enthüllungen über Präsident Biyas Rollgriff in kamerunische Bankkonten/ Oppositioneller Journalist ist nun gefährdet
Berlin (taz) — Der kamerunische Starjournalist Celestin Monga, der als führender Kopf der intellektuellen Opposition des Landes gilt und auch in der taz zu Wort gekommen ist (taz vom 4.11.91), muß derzeit um sein Leben fürchten. Denn er hat für die französische Monatszeitschrift 'Jeune Afrique Economie‘ mit Kameruns einstigem Top-Bankier Robert Messi Messi ein für Kameruns Präsidenten Biya hochpeinliches Interview geführt. Messi, der seit 1989 im kanadischen Exil lebt, berichtet ausführlich über seine Zeit als Direktor der größten kamerunischen Bank SCB zwischen 1983 und 1988. Die SCB brach 1988 zusammen — unter anderem, weil Biya und seine Entourage offenbar freien Zugriff auf die dort geführten Konten hatte.
Anhand seiner Bankunterlagen schildert Messi bis ins letzte Detail, wie er auf Anweisung der First Lady Kameruns, Jeanne-Irene Biya, immer wieder Millionenbeträge aus den Bankbeständen ins Ausland oder als Schwarzkredite an Freunde des Präsidenten leiten mußte. „Sie gab Befehle, und die mußten ausgeführt werden“, erzählt er. „Eines Tages bestellte sie mich ins Präsidialamt und sagte: Der Präsident will, daß Sie ihm einen Kredit gewähren... Das sind Sachen, die man nicht verweigern kann. Sonst bekommt man schweren Ärger“.
Mit den erpreßten Geldern baute sich Biya einen Palast in seinem Heimatdorf M'vomeka (Kosten: 11Millionen DM), dazu einen Flugplatz, eine Privatfarm und eine Kaserne für die Präsidialgarde. In der Hauptstadt Jaunde bauten sich Biyas Schwestern mehrere Villen; Jaundes Militärkommandant, General Asso'o, bekam 1,5 Millionen Mark zum Bau eines Hotels; eine ähnliche Summe wurde für eine gigantische Trauerfeier zu Ehren des verstorbenen Bruders des Präsidenten verlangt.
Auch der Bau der Residenz des deutschen Botschafters in Jaunde gehört zu den auf diese Weise finanzierten Operationen, die einen Großteil der Schaltergeschäfte der SCB verschlangen. Wenn es sich nicht um einfache „Kredite“ handelte — die selbstverständlich nie zurückgezahlt wurden — liefen sie teils über das SCB-Konto bei „American Express“ in Paris, teils über anonyme SCB- Nummernkonten und Konten auf weibliche Phantasienamen, auf die zuweilen täglich astronomische Summen überwiesen wurden.
„Der SCB-Direktor war einer der beneidetsten Männer der kamerunischen High-Society“, schreibt Monga in seiner Einleitung zum Interview über Messi damals. „Das gehobene Milieu von Duala und Jaunde sprach von nichts anderem als diesem brillianten jungen Mann, der sich bei den besten französischen Schneidern einkleidete und die Bank nach den neuesten amerikanischen Management-Techniken leitete.“ Aber im August 1988 — als die SCB offensichtlich pleite war — wurde Messi entlassen. Ein Jahr später floh er, als islamischer Würdenträger verkleidet, nach Nigeria und von dort nach Kanada, wo er seither von Biya wegen „Unterschlagung“ gesucht wird. Biya giftete ihm mit Anschuldigungen hinterher, er plane zusammen mit General Asso'o einen Putsch, und beschuldigt ihn nun, der SCB etwa 300 Millionen DM entzogen zu haben — eine Zahl, die Messi als „der Phantasie entsprungen“ bezeichnet.
Mit seinen Enthüllungen revanchiert er sich nun nicht nur für seine Verfolgung — es ist auch das erste Mal, daß solche Details über finanzielle Machenschaften eines amtierenden afrikanischen Staatschefs aufgedeckt werden.
Haftbefehl und Morddrohungen
Celestin Monga hält sich derzeit in Paris auf, nachdem er zur Ausführung des Interviews mit Messi nach Kanada gereist war. Nun liegt in Kamerun gegen ihn ein Haftbefehl vor, mit dem er noch am Flughafen festgenommen werden könnte. Nach Auskunft einer in Paris residierenden Menschenrechtsorganisation ist geplant, ihn unter Militäreskorte auf geheimem Wege nach Jaunde zu verfrachten, wo ihm, wie bereits einmal im Januar 1991, der Prozeß gemacht werden könnte. Damals hatte er in einem „Offenen Brief“ an Paul Biya die Korruption des öffentlichen Lebens in Kamerun beklagt. Sein Prozeß war einer der Auslöser für die darauffolgende Welle zivilen Ungehorsams, die zum jetzigen Demokratisierungsprozeß beigetragen hat.
In diplomatischen Kreisen wird jetzt aber auch befürchtet, daß Monga durch einen arrangierten „Autounfall“ oder einen „Raubüberfall“ zu Tode kommen könnte. An diesem Wochenende will er dennoch die Rückreise nach Duala wagen — möglichst in Begleitung.
In Kamerun selbst hat sein Interview erhebliche Aufregung verursacht. Zeitungen, die Auszüge daraus nachdrucken wollten, wurden verboten. Seit gestern ist die unabhängige Presse Kameruns völlig mundtot: Die Druckerei in Duala, wo alle privaten Zeitungen des Landes hergestellt werden, wurde polizeilich geschlossen. Die Universität von Jaunde, traditioneller Schwerpunkt oppositionellen Protestes, ist von Militär besetzt — auch deshalb, weil der vor kurzem aus der Haft entlassene Studentenführer Senfo Tonkam sich dort aufhält. Die Soldaten gehen nach Augenzeugenberichten in bekannt brutaler Manier vor. Nach einer Demonstration zum Gedenken an etwa 50 Studenten, die dort vor einem Jahr erschossen wurden, hätten sie eine Studentin mitten in der Menstruation nackt ausgezogen und blutend über das Universitätsgelände paradieren lassen. Dutzende weitere Studenten sind in Haft und erwarten ihren Prozeß. Dominic Johnson
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