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Der Frankfurter Kreidekreis

■ Kammerphilharmonie: Frankfurt bietet eine Million, Bremen erhöht auf eineinhalb

Kommen sie? Wann? Doch nicht? Wie? Die tricksen bloß? Ein paar Tage ist es her, da entstieg nach wochenlangem Hin und Her die Frankfurter Kulturdezernentin Linda Reisch ihrer Versenkung und hatte einen Haufen Geld dabei und rief, nun könne sie also ihre Kammerphilharmonie doch noch halten! Eine Million hatte sie beisammen! 400.000 von der Stadt, 200.000 aus rätselhaften „Töpfen“, und die restlichen 400.000 will die Deutsche Bank bei einem Nachfolge-Sponsor auftreiben. „Das ist genug, um die Existenz der Kammerphilharmonie zu sichern“, sagte darauf zur taz der Geschäftsführer der „Ensemble-Akademie“, der das Orchester noch angehört, Herr Möhlich-Zebhauser. „Mehr hatten sie vorher auch nicht.“ Zwar gilt das Angebot nur für zwei Jahre, „aber man macht sich doch nicht die ganze Mühe mit ihnen, um sie dann abstürzen zu lassen.“

Was nun? War Bremen doch wieder aus dem Rennen? Und über all dem Gerätsel stiegen wie Nebelschwaden die Grundfragen der Philosophie auf: Wie sollen wir leben? Was können wir wissen? Schon erlahmten die hiesigen Intrigen, und die hiesigen Geheimdiplomaten schlossen ihre Köfferchen und machten sich darauf gefaßt, die Dummen gewesen zu sein. Hatten die Frankfurter Schlawiner ihrer gebeutelten Dezernentin also doch noch ein Milliönchen aus dem Kreuz gepokert!

Da gab die Kammerphilharmonie eine Pressemitteilung heraus: Die Frankfurter Million, hieß es da, könne die Existenz des Orchesters nicht sichern. Im Gegenteil: Es drohe „die Auflösung“. Dann folgte

hierhin bitte die abendlichen

Zugvögel

eine galante Drehung: „Wenn die Stadt Bremen offiziell ein Angebot vorlegen kann, das nicht nur die Existenz auf der Grundlage einer mehrjährigen Festschreibung des Etats sichert, sondern dem Ensemble auch ermöglicht, seine Vorstellungen und seinen Stil frei weiterzuentwicklen, wird das Orchester nach Bremen umziehen.“

Jetzt hört man hierzulande in stillen Nächten wieder das Schaben der Rechenschieber: Eineinhalb Millionen sollen aufgebracht werden. 300.000 kommen aus dem Kulturressort; 400.000, so teilte jetzt Helga Trüpel mit, 400.000 steuert Scherf aus dem Wissenschaftsetat bei; und Jägers Wirtschaftsressort kümmert sich um das Logis, die Böhmersche Villa in Vegesack. Richtig, da fehlt noch was; Entscheidungen werden deshalb für Mai gar nicht mehr erwartet. Die schönsten Aussichten also auf ein Vergnügen ohne Ende. schak

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