: 14 Millionen, und wie weiter?
■ Trüpels Kulturhaushalt: Entscheidungen für Schwerpunkte und gegen Altlasten-Finanzierung
Ein höfliches, aber klares Nein sprach gestern die Kultursenatorin aus: gegenüber allen Ansinnen, mit den zusätzlichen 14 Millionen im Kulturressort alle möglichen Altlasten zu sanieren. Wofür das Geld ausgegeben werden soll und wofür ganz bestimmt nicht, beides erklärten gestern Senatorin Helga Trüpel und Staatsrat Gerd Schwandner vor der Presse.
Abgesehen von allerlei Grundsatz-Lyrik („Eigeninitiative als humanitätsfördernde Form der Freizeitgestaltung“) geht es um Förderschwerpunkte, natürlich auch für Vorhaben, die sich längst in Planung befinden und nicht eigens für grüne Kulturpapiere erfunden wurden.
„Fünf Schwerpunkte“ ihrer Kulturpolitik stellte Helga Trüpel heraus. Erstens organisatorisch: Zwei Mitglieder des Kulturrats sollen künftig an den Deputationssitzungen beratend teilnehmen, wie es das Deputations-Gesetz für „sachverständige Personen“ möglich macht. Die Einrichtung der schon unter Kultursenator Scherf anvisierten Kulturstiftung soll vorangetrieben werden, und auch ein Kulturbüro für Kultur-Management, Koordination und Anwerbung von Geldern soll es geben.
Und weil Kultur „eine Querschnittsaufgabe“ durch viele Ressorts sei, gehöre sie auch mit sozialen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Initiativen verzahnt. Jüngste Beispiele: das Butoh-Festival, die Kammerphilharmonie, die Ostertor-Wache, das Kultur-Büro.
Zweitens breitenkulturell: in allen Stadtteilen Kulturläden zu erhalten, notfalls mit drittem ABM-Jahr und Projektmitteln und ausdrücklich mit Hinweis auf die sozialarbeiterische Komponente dieser Arbeit. Trüpel: „Wir verhindern ein Wegbrechen dieser Strukturen. Natürlich muß man untersuchen: Wer ist innovativ, wo passiert was. Nicht alles kann erhalten werden.“
Stadtteil- und Basis-Orientierung heißt aber nicht, daß grüne Kulturpolitik sich nur der soziokulturellen Breitenarbeit verschrieben hätte. Deshalb gibt es drittens die Orientierung hin zum andern Pol, der künstlerischen Avantgarde, der Hochkultur, mit den Neigungen, die Frankfurter Kammerphilharmonie nach Bremen zu holen, feministische Kulturprojekte wie „Women in (E)motion“ zu fördern, dem Plan „Weserlinie“ für 1994 Gestalt zu geben: was heißt „Leben am Fluß“ künstlerisch, städtebaulich, ökologisch? Trüpel: „Wir werden nicht von oben nach unten umverteilen.“
Viertens geschichtlich: Kunst und Kultur vergangener Zeiten muß für den Bereich Arbeit und Alltag vielfach erst erschlossen werden. Die gleichnamige Sonderausstellung des Focke-Museums gehört deshalb zu den vorgesehenen Förderschwerpunkten. Fünftens und letztens ist die Kultursenatorin auch eine für Ausländerintegration, weshalb das ausgeleierte Wort multikulturelle Orientierung nicht fehlen darf.
Integration ist aber mindestens mißverständlich und meint eher: Gemeinsamkeit und Differenz finden und in kulturellen Produktionen ausdrücken und verstehen: wie in der erfolgreichen Dacapo- Tagung „Das Eigene und das Fremde“ oder einer geplanten Ausstellung „Moderne Kunst in der dritten Welt“ über Kultur-Export und eigene Traditionen. Und unsere Company! Wenn im nächsten Jahr das internationale Shakespeare-Festival startet, wird Bremen in aller Munde sein.
Mit den — „investiv“, also nicht etwa für feste Stellen auszugebenden — 14 Millionen sollen nun also nicht das Goethetheater entschuldet, die Zentralbibliothek und das Focke-Museum neugebaut werden; die EDV für die Stadtbücherei wird ja von Kultur bereits finanziert. Schwandner: „Schuldenbegleichen ist nicht investiv.“ Wenn der Senat das nicht als Gesamtaufgabe verstehe, müsse darauf eben verzichtet werden. S.P.
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