: Schulschwänzer kriegen eigene Buslinie
Berlin. Not macht erfinderisch: Weil ihr Jugendclub an der Waldowallee wegen baulicher Mängel geschlossen wurde, renovieren 20 Lichtenberger Jugendliche jetzt fünf Garagen als Ersatz.
Gemeinsam mit Betreuer Christoph Schulz machen sie außerdem Kanu- und Klettertouren, bauen Hütten und gehen wandern. Fast alle haben ihre ersten Kontakte mit der Polizei wegen Autoklau oder Schlägereien hinter sich. Jetzt sollen sie, so der Betreuer, sehen, »daß man sich auch austesten kann, ohne den Jugendrichter kennenzulernen«.
Das Lichtenberger Projekt »Freiraum« ist nur eins von 69, die Jugendsenator Thomas Krüger in diesem Jahr in seinem sogenannten »Experimentierfonds« untergebracht hat. Dieser in der Bundesrepublik einmalige Fonds, den Krügers Vorgängerin Anne Klein (AL) ins Leben rief, finanziert, jeweils für ein Jahr, attraktive und außergewöhnliche Freizeitangebote, die sonst kaum realisiert werden könnten. Ein Übergang in die Regelfinanzierung ist nach dem einen Jahr nicht vorgesehen.
Während seine Vorgängerin sich noch mit 250.000 Mark begnügen mußte, kann Krüger in diesem Jahr — dank der Veröffentlichungen im Jugendgruppengewalt-Bericht — mit 1,5 Millionen jonglieren. Trotz dieser Versechsfachung mußten 130 Anträge mit einem Volumen von 3,1 Millionen Mark abgelehnt werden.
Gefördert werden Abenteuerspielplätze ebenso wie Theaterwerkstätten und Filmprojekte. In Hellersdorf sollen Kinder und Jugendliche Videos über das Leben im Bezirk produzieren, in Kreuzberg auf einem Luftschutzbunker ein Graffiti entstehen, in Tiergarten-Süd ein »Schulschwänzerbus« zwischen Kids, der Schule und ihren Eltern vermitteln. Mit dem Bus, der samt zweier MitarbeiterInnen allen Schwänzern den ganzen Tag offensteht, ohne daß sofort die Eltern benachrichtigt werden, will Jugendstadträtion Ada Withake-Scholz (SPD) das Thema Schwänzen angehen. Bald soll er starten. Auch wenn die Experimentierzeit nach einem Jahr ausläuft, sind die Kids mit der unverhofften Finanzspritze zufrieden. jgo
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen