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Frühstyxradio-Verbot: wg. PR?

■ Fans mobilisiert, Gewerkschaft aktiv: Die ffn-Arschkrampen sind in aller Munde

Das längste Kotzen der Radiogeschichte, erlesenste Schimpfwörter-Serien, hinterfotzige ländliche Sittengeschichten, detaillierte Anweisungen zur Abschaffung von Haustieren: Das ist „Comedy“ vom Isernhagener Privatsender ffn. Eine dreiste Lümmelbande, bestehend aus Dietmar Wischmeyer, auch bekannt als „Der Kleine Tierfreund“, und vier „Freien“ produziert am laufenden Band unappetitliche, sarkastische bis frivole Häppchen, gespickt mit Olle Pottsau! oder Scheiß die Wand an! und Häng dich doch auf, du Beule! Dazwischen Einsprengsel von Arno Schmidt und Wahrheiten wie die: „Der einfache Arbeiter muß alles ausbaden“.

Zuviel Anarchie für den neuen Programmdirektor Peter Bartsch, der insbesondere die „Fäkalsprache“ für unvereinbar hält mit einem Programm „für die ganze Familie“. Er brach vergangenen Dienstag einen entscheidenden Zacken aus der Comedy- Corona: Das „Frühstyxradio“, seit vier Jahren Sonntags von 9 bis 12 Uhr ausgestrahlt, ist bis auf

hierhin bitte den

Motorradfahrer

(oben u. unten beschneiden)

Der kleine Tierfreund: weiter on the road

weiteres ausgesetzt.

Seit sich diese Nachricht verbreitet hat, steht bei ffn das Fax nicht mehr still, und der Briefträger beschwert sich. Das Frühstyxradio hatte mit 350.000 bis 400.000 HörerInnen die höchste Einschaltquote im ffn-Programm und war für viele gleichbedeutend mit der Rettung des Sonntagmorgens. Jetzt regen sich die Fanclubs, da werden womöglich bald gewisse Köpfe weggeflext. Forderung:Schluß mit dem intellellen Gezuppel!. Das Comedy-Ressort wehrt sich über die Presse, die IG Medien und mit einer Soli-Veranstaltung Ende Mai in Hannover.

Es gehe um ideologische Differenzen, wird im Hause ffn vermutet, weil die Direktions-Interven- tion ökonomisch nicht zu erklären

sei. Sind tatsächlich die kapitalistischen Gesetze der Profitmaximierung ausgerechnet bei ffn aufgehoben? Inzwischen hört man einen ganz anderen Verdacht: In Wahrheit handle es sich um eine ausgefuchste PR-Idee des Senders sowie der Sekundärverwerter (T-Shirts, Stickers, CDs und Cassetten, Tourneen etc). Womöglich ist nur noch mit solch drastischen, öffentlich wirksamen Aktionen dem Sender aufzuhelfen, der zuletzt reichlich Werbekuchen an Antenne Niedersachsen verloren hat und mit dem Niedergang kämpft. Legionen von „Arschkrampen“-Fans, die jetzt evtl. obsiegen, werden treu sein bis ans Grab. Bus

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