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„Das Patriarchat feiert Wiederauferstehung“

Um diesem Trend der Nach-Wende-Zeit entgegenzuwirken, fordern Feministinnen und Politikerinnen: „Frauenrechte in die Verfassung“/ Ein Hearing zwischen Grundsatzdiskussion und Pragmatismus — und das nicht nur beim neuen Entwurf zum §218  ■ Aus Bonn Susanne Fuchs

Trotz aller Kontroversen waren sich die Frauen in einem Punkt einig: Die Basis muß mobilisiert werden. In der gegenwärtigen Verfassungsdiskussion werden Frauenforderungen ohne eine breite Bewegung von unten immer stärker zu Randfragen reduziert und in ihrer gesellschaftspolitischen Dimension mißachtet. So lautete der Konsens des Hearings „Frauenrechte in der Verfassung“, das vergangenen Freitag in Bonn stattfand. Eingeladen hatte das „Kuratorium für einen demokratisch verfaßten Bund deutscher Länder“, eine bundesweite Bürgerinitiative, die die Verfassungsdiskussion vorantreiben will. Die Diskussion zeigte schnell, daß der Durchsetzung von Frauenrechten derzeit beileibe keine rosigeren Zeiten beschert sind als vor 43 Jahren bei der Ratifizierung des Grundgesetzes. „Das Patriarchat hat in der Nach-Wende-Zeit sowohl in den neuen als auch in den alten Bundesländern Wiederauferstehung gefeiert“, so die Frankfurter Professorin Ute Gerhard in ihrem Schlußwort zu den über hundert Teilnehmerinnen des Hearings.

Dabei mangelt es nicht an Sachkompetenz und konkreten Diskussionsvorlagen. Bereits seit geraumer Zeit liegen feministische Entwürfe zur Verfassungsreform vor, etwa in Form des „Frankfurter Frauenmanifestes“, des Entwurfs „Frauen in bester Verfassung“ oder als „Verfassung des Frauenpolitischen Runden Tischs“. Die am Freitag diskutierten Ausführungen, sei es zu Fragen des Gleichstellungsgebots oder zur politischen Partizipation von Frauen, standen durchgängig im Spannungsfeld zwischen grundsätzlichen Überlegungen und der Notwendigkeit zu taktieren. Denn feministische Forderungen prallen stets auf die realpolitische Dimension, wenn es darum geht, sie institutionalisierten Gremien wie der gemeinsamen Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat vorzulegen — einem Gremium, in dem Frauen deutlich unterrepräsentiert sind. Vor allem die Fragen nach einer verfassungsmäßigen Absicherung der Quotierung und die derzeitige Diskussion um die Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs spiegeln das Dilemma wider.

Heide Pfarr, hessische Ministerin für Frauen, Arbeit und Sozialordnung argumentierte taktisch. Sie sieht den jüngsten Entwurf zur Fristenregelung als äußerste Möglichkeit, die momentan noch eine Chance hat, verwirklicht zu werden. Deshalb plädierte sie dafür, die Frage des Schwangerschaftsabbruchs nicht in die Verfassungsdiskussion einzubringen. „Wir sollten die Verfassungsdiskussion um den §218 nicht eröffnen“, lautete Pfarrs Forderung, „die Gefahr, sie zu verlieren, wäre riesig.“ Anders argumentierte dagegen Waltraud Schoppe. Die niedersächsische Frauenministerin sieht in dem vorgelegten SPD/FDP- Kompromiß zur Fristenregelung eine klare Niederlage für die Frauen. Angelika Barbe (SPD) hielt es ebenfalls für falsch, sich in der Frage des §218 defensiv zu verhalten. Stelle doch der jetzige Entwurf für die Frauen aus den neuen Bundesländern eine immense Verschlechterung dar.

Auch bei der Frage, wie und ob Frauenfördermaßnahmen in der Verfassung zu verankern seien, zeigte sich die Kluft zwischen Grundsätzen und Pragmatismus.Obwohl alle sich einig waren, daß nicht nur das Diskriminierungsverbot auszuweiten sei, sondern auch geeignete Instrumentarien geschaffen werden müßten, um das Gleichstellungsgebot in die Praxis umzusetzen, blieb die verfassungsmäßige Verankerung der Quotierung umstritten. Allerdings hatten sich in der letzten Woche selbst CDU-Frauen positiv zu einer Verankerung der Frauenförderung in der Verfassung geäußert. Möglicherweise, so die Berliner Justizsenatorin Jutta Limbach, bahne sich hier eine Frauensolidarität an, die sich über die Parteigebundenheit hinwegsetze.

Aufgrund der praktischen Probleme, Frauenforderungen in Männergremien einzubringen, blieb es zentrales Anliegen des Bonner Hearings, die zukünftigen politischen Parizipationsmöglichkeiten von Frauen zu klären. So forderte die Vorsitzende der Enquete-Kommission zur Verfassungs- und Parlamentsreform des Abgeordnetenhauses Berlin, Renate Künast, eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Legislative, Judikative und Exekutive.

Bleibt die Hoffnung, daß Frauen in den alten und neuen Bundesländern ihre durchaus berechtigten Frustrationen und ihre Lähmung überwinden und sich auf die unkonventionellen Wege politischer Einflußnahme besinnen. 1949 waren es, neben dem Engagement Elisabeth Selberts, Waschkörbe voller Protestschreiben von Frauen an den Parlamentarischen Rat, die den Gleichheitsgrundsatz letztendlich durchsetzten.

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