»Sie müssen Kanzler werden«

■ Wolfgang Schäuble, der Berlin-Freund, sprach in der Gropiusstadt

Berlin. Im Roten Rathaus hoffen manche Berliner Christdemokraten schon inständig auf den Tag, an dem er Helmut Kohl im Kanzleramt ablöst. Warum Wolfgang Schäuble, der Bonner CDU-Fraktionschef, in Diepgens Umgebung so hoch im Kurs steht, zeigte der Schwabe am Montag abend im Gemeinschaftshaus Gropiusstadt. Auf Einladung der Neuköllner CDU sprach Schäuble vor über 200 Zuhörern — und erfüllte fast alle Erwartungen seiner Berliner Parteifreunde.

Beim Umzug der Bundesregierung gehe zwar »Qualität vor Tempo«, räumte der ehemalige Innenminister ein. Termine nannte er nicht. Doch, so Schäuble, der Bundestagsbeschluß vom 20. Juni 1991 müsse »nach Buchstabe und Geist« erfüllt werden. Zustimmung formulierte er auch für den Senatsplan, im Jahr 2000 die Olympischen Spiele nach Berlin zu holen. Diese Idee sei »faszinierend«, versicherte der Fraktionschef und setzte sich damit von den skeptischen Äußerungen Finanzminister Waigels und Kanzler Kohls ab. »In Berlin brauchen wir Investitionen in die Infrastruktur«, fuhr Schäuble fort — und fand sogar gute Worte für die Vereinigung von Berlin und Brandenburg.

»Wir brauchen ein starkes Berlin«, feuerte er sein Publikum an. »Sie müssen Vorbild sein, wo Sie schon Hauptstadt sind«, bemühte er sich um Toleranz gegenüber Ausländern zu werben. Doch die SPD attackierte er, sie habe sich »längst schuldig gemacht« am friedlichen Zusammenleben zwischen Deutschen und Ausländern, weil sie einer Änderung des Asylrechts nicht zugestimmt habe.

Der Neuköllner CDU-Vorsitzende Dankward Buwitt erinnerte daran, wie der Innenminister Schäuble den Einigungsvertrag ausgehandelt hatte, tat so, als habe Schäuble die deutsche Einheit quasi im Alleingang erreicht. »Helmut Kohls Zehn-Punkte-Programm haben Sie den Eckstein eingesetzt«, pries Buwitt seinen Gastredner. »Sie und Helmut Kohl sind die Garanten für CDU-Politik in der Bundesrepublik.«

»Ich hoffe, daß Sie bald Helmut Kohl ablösen«, sagte ein Mann aus dem Publikum — unter großem Applaus. Das sei »die allerunwichtigste Frage«, wehrte Schäuble routiniert ab und rühmte auffallend häufig »den starken Kanzler Helmut Kohl«. Doch für Kohl rührte in der Gropiusstadt niemand eine Hand. hmt