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Kaffeefahrt mit Düsseldorfs Frauenministerin

Auf der Suche nach dem frauenfreundlichsten Betrieb Nordrhein-Westfalens, der heute gekürt wird/ Teilzeitarbeit und Hausfrauentag bietet mann seinen „Damen“, denn Frauenfreundlichkeit bedeutet nichts anderes als Familienfreundlichkeit  ■ Von Diemut Roether

Plaudernd und lachend füllt die Busreisegesellschaft den halbdunklen Raum. Geräuschvoll werden Stühle gerückt, kräftige Hände geschüttelt, nach angemessenem Zögern haben alle um den gedeckten Tisch Platz genommen. „Be happy“ steht auf den bunten Servietten, die auf dem Tisch liegen. Die Verkaufsveranstaltung kann beginnen. Ein Herr ergreift das Wort: „Ich glaube, daß wir als Männer uns seit 2.000 Jahren emanzipieren müssen.“ Dieser Herr preist keine Rheumadecken an, er „verkauft“ die Frauenfreundlichkeit seines Ingenieur- und Planungsbüros.

Die nordrhein-westfälische Frauenministerin Ilse Ridder-Melchers befindet sich mit Gefolge auf Kaffeefahrt. Der „frauenfreundlichste“ Betrieb Nordrhein-Westfalens soll gekürt werden, die Ministerin und ihre Wettbewerbs-Jury besichtigen fünf Betriebe, die in die engere Auswahl gekommen sind. Ihre Frauenfreundlichkeit wird an den Arbeitszeitregelungen für die weiblichen Beschäftigten gemessen. Will heißen: Frauen haben dank großzügiger Arbeitgeber oder geschickter Absprachen neben der Arbeit genug Zeit für die „zweite Schicht“ in Haushalt und Familie; ein krankes Kind oder ein schulfreier Tag werfen nicht sofort die ganze Betriebsorganisation durcheinander, die Arbeitszeit läßt sich mit den Stundenplänen und Kindergartenzeiten abstimmen. Daß solche Arbeitszeitregelungen eher „familienfreundlich“ denn frauenfreundlich sind und an der bestehenden Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern nichts ändern, sieht auch Ministerin Ridder-Melchers. Doch ihr Ministerium für die Gleichstellung von Frau und Mann hat erkannt: „Beruf und Familie zu vereinbaren, ist nach wie vor Sache der Frauen.“ Die Ministerin will sich an den „Realitäten“ orientieren. Bundesweit nehmen eben nur 3,8 Prozent der Männer familienfreundliche Teilzeitregelungen in Anspruch. Besonderes Kennzeichen der besuchten Betriebe ist, daß „geringfügige Beschäftigungen“ mit einem monatlichen Verdienst unter der Sozialversicherungsgrenze abgelehnt werden. Trotz Teilzeit machen die Frauen qualifizierte Arbeit und haben die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen, sich fortzubilden und in der innerbetrieblichen Hierarchie aufzusteigen. „Wer uns fördert, kann nur gewinnen“, steht in dem Faltblatt, in dem das Ministerium über den Wettbewerb, der in diesem Jahr zum zweiten Mal stattfindet, informiert. Der Chef der Recklinghäuser Ingenieurbüros ist voll des Lobes für „seine“ Frauen: „Ich arbeite gern mit Frauen zusammen, fast noch lieber als mit Männern.“ Sechs seiner 13 Angestellten sind Frauen, alle arbeiten mit Teilzeitverträgen. Von den Männern hat bislang keiner Interesse gezeigt, seine wöchentliche Stundenzahl zu verringern. Einer der beiden Alibi-Männer in der Jury zeigt sich beeindruckt: „Sie bieten ihren Damen familiengerechte Bedingungen.“ Das „Problem“ hält er hier für „sehr gut gelöst“. Auf der Suche nach dem frauenfreundlichsten Betrieb des Landes geht es quer durch Nordrhein-Westfalen, von Aachen bis Detmold. Ein Stau auf der Autobahn macht die Zeitplanung zunichte. „Da sieht man mal, wie groß unser Land ist“, staunt die Ministerin. Zwischen Abendkleidern und Mikrofaserjacken wird in einem Detmolder Textilhaus zum Kaffee feines Gebäck gereicht. Der Geschäftsführer beschreibt, wie er seinen angestellten Frauen einen Haushaltstag pro Woche ermöglicht: „Das ist ja ungeheuer wichtig für Frauen.“ Die Arbeitszeitregelungen in seinem Betrieb hält er für so gelungen, daß er nicht müde wird zu betonen, daß die Ideen nicht von ihm stammen, sondern von seiner Frau. Die lächelt und hält sich zehn Schritte im Hintergrund. Strahlend bedankt sich der Herr vom Westdeutschen Handwerkskammertag für die „informative Präsentation“. Die Ministerin verzichtet auf eine modische Beratung an Ort und Stelle, und schon geht es im Laufschritt durch die Detmolder Innenstadt zurück zum Bus. „Erstaunlich“ findet Dorothea Ossenberg-Engels vom Verband Deutscher Unternehmerinnen, „was auf freiwilliger Basis an Frauenförderung gemacht wird“. Gesetzliche Festschreibungen hält die Unternehmerin für einen „Bumerang“, dadurch würden Frauen für viele Unternehmer zum „Ballast“. Gewerkschafterin Sabine Burzler gesteht, bei dieser Fahrt „zwei Seelen“ in ihrer Brust zu tragen. Bekanntermaßen haben Gewerkschaften gewisse Probleme mit der Arbeitszeitflexibilisierung. Sie räumt ein, daß es „für die Jury schwierig ist, dahinterzugucken, wie es in der Realität wirklich in den Betrieben aussieht“. Immerhin haben einige Frauen es in manchen trotz Teilzeitarbeit zur Filialleiterin gebracht. Im Ministerium hofft man auf den Nachahmungseffekt der Auszeichnung. Die „individuellen Lösungen“ hält Ute Tramps, Unternehmertochter aus Lüdenscheid, allerdings nicht für übertragbar.

Dortmund: letzte Station. Der Gastgeber, Inhaber eines Dortmunder Hörgerätebetriebs, trägt seine Wissenslücken offensiv vor sich her: „Ich darf Ihnen offen gestehen, daß ich von diesem Ministerium für die Gleichstellung von Frau und Mann noch nie gehört habe.“ Die Tatsache, daß dieses unbekannte Ministerium dem Namen nach auch für ihn als im eigenen Betrieb „unterprivilegierten Mann“ zuständig ist, versöhnt ihn. Dennoch fällt hier der denkwürdigste Satz des Tages: „Ich finde nicht, daß das etwas Besonderes ist, was wir hier machen. Bei uns werden Frauen normal behandelt.“

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