: Mehr Geld für die Abschiebehaft
JustizministerInnen der Länder rechnen mit drastischem Anstieg von Abschiebegefangenen/ In Hannover sorgten sie sich um deren Knastunterbringung und monierten steigenden Personalmangel ■ Aus Hannover Jürgen Voges
Mit einem drastischen Anstieg der Zahl der Abschiebegefangenen rechnen die JustizministerInnen der Länder nach Inkrafttreten des neuen Asylverfahrensgesetzes. Schon jetzt beeinträchtige die Zunahme der Abschiebehaft „erheblich die Erfüllung der eigentlichen Aufgaben des Justizvollzugs“, stellten die JustizministerInnen der Länder auf ihrer 63.Konferenz in Hannover fest. Für die Durchführung des neuen Asylverfahrensgesetzes, das Inhaftierung abgelehnter Asylbewerber beinahe zur Regel machen soll, verlangten die JustizministerInnen „zusätzliche Mittel für Personal“ und „für soziale Betreuung und Unterbringung“ der Abschiebegefangenen. Einig waren sich die JustizministerInnen, daß künftig keine Kinder und keine Frauen, die Kinder zu betreuen haben, in Abschiebehaft genommen werden sollen. Die Vorsitzende der Konferenz, die niedersächsische Justizministerin Heidi Alm-Merk, verlangte für Abschiebegefangene gesonderte, „nach innen offene“ Hafteinrichtungen. Man dürfe Menschen, die lediglich nicht ausreisen wollten oder mangels Paß nicht ausreisen könnten, nicht bis zu acht Monaten zusammen mit Kriminellen einsperren. Nach Angaben der Ministerin hat sich in Niedersachsen die Zahl der Abschiebegefangenen binnen eines Jahres verdoppelt. Für die fünf neuen Bundesländer konstatierte die Konferenz einen weiter zunehmenden Stau in der Rechtspflege. Nach Angaben des Justizministers von Sachsen-Anhalt, Werner Remmers, liegen dort derzeit 642.000 unerledigte Grundbuchangelegenheiten und jeweils mehrere zehntausend Eintragungen ins Handelsregister und Erbscheinangelegenheiten auf Halde. Auch bei den Staatsanwaltschaften stauten sich die Verfahren durch steigende Kriminalität und die „Ermittlungen in Sachen SED-Unrecht“. Die westlichen Bundesländer können allerdings, so Alm-Merk, kein weiteres Justizpersonal an die neuen Länder abgeben, da sie „selbst bereits spürbar die Schmerzgrenze erreicht“ hätten. Die Konferenz forderte die Justizministerrunde auf, genügend Kripobeamte zur in Berlin residierenden „Zentralen Arbeitsgruppe“ für Regierungs- und Vereinigungskriminalität abzuordnen, bei der 3.180 Ermittlungsverfahren anhängig sind. Den zu dieser Gruppe abgeordneten 60 Staatsanwälten arbeiten bisher nur 104 Polizeibeamte zu.
Ebenfalls an die Adresse des Innenministers richtete sich die Anregung, eine Beobachtung der „Scientology“-Organisation durch die Verfassungsschutzbehörden zu prüfen. Eine Beobachtung der Organisation durch den Verfassungsschutz kann deswegen notwendig sein, da die Sekte in ihren Schriften an der demokratischen Grundstruktur rüttele und das Führerprinzip propagiere.
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