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Frauen rüffeln Helga Trüpel

■ Misere in der Projektpolitik — taz v. 19.5.92

Die Stadt Bremen hat lange von der vielseitigen Landschaft der sog. autonomen Projekte profitiert. Bundesweit werden insbesondere die Frauenprojekte für ihre sozialpolitische Bedeutung geschätzt. In der aktuellen Situation der enormen Kürzungen im ABM-Bereich versucht die Stadt Bremen, diese Arbeit der Projekte aus Profilierungsinteresse zu erhalten und weiterhin nutzbar zu machen, ist aber nach wie vor nicht bereit, für diese Arbeit angemessene Mittel zur Verfügung zu stellen. Für die Frauenprojekte heißt das entweder, daß sie gleiche 'Leistungen' mit weniger Mitteln erbringen sollen oder einfach das Aus.

Es ist fraglich, ob der Bremer Senat so tief in die Kulturlandschaft eingreifen und bestimmen darf, daß und welche Projekte sterben sollen. Einem Projekt mit antirassistischen Inhalten, wie die Bremer Frauenwoche es ist, steht in diesen Zeiten des wachsenden Rassismus und der zunehmenden Ausgrenzung eine besondere Unterstützung zu.

Nach jahrelanger Existenz über ABM-Stellen, sind die meisten Projekte in eine totale Abhängigkeit von der Staatsknete gerückt. Das ist ein Punkt, an dem gewiß auch Politik von oben gemacht werden kann, das heißt an dem Projekte direkt über Geld ausgesiebt, kontrolliert und gesteuert werden sollen. Insbesondere die Autonomie der Frauen/Lesben- Bewegung ist dadurch stark gefährdet.

Obwohl es in er Öffentlichkeit so dargestellt wird, kann von einer Absicherung der Frauenwoche keine Rede sein.

Sie ist zwar in den Koalitionsverhandlungen benannt worden und stand auf der Prioritätenliste für die Förderung. Die Kulturbehörde schaffte es aber, an diesen Beschlüssen vorbeizugehen. Der Frauenwoche wurde ihre Kulturarbeit nicht anerkannt und sie ging zunächst bei der Senatorin Trüpel leer aus. Von den sechs Stellen die wir ursprünglich hatten, wurde uns bis jetzt offiziell nur eine Stelle (ABM 1 Jahr) von der Frauensenatorin zugeteilt. Auf Umwegen ist inzwischen eine weitere Stelle von der Kulturbehörde im Gespräch — wie das jedoch konkret aussieht, ist uns noch nicht bekannt. Die Vermutung liegt nahe, daß diese Stelle einem anderen Frauenprojekt abhanden gekommen ist. Eine unglaubliche Vorgehensweise der Kulturbehörde...! Zudem gibt es bis jetzt kein Anzeichen dafür, daß die Kulturbehörde an eine Vergabe von Personalmitteln für die Frauenwoche denkt, was eine langfristige Perspektive beinhalten würde.

Wir erwarten von der Senatorin Trüpel ein korrektes Verhalten in bezug auf die Frauenprojekte und fordern, daß ein Projekt wie die Bremer Frauenwoche langfristig abgesichert wird. Die Rechnung, über der Widerspenstigen Zähmung eine verkaufte Braut zu machen, wird nicht aufgehen!

Rose Baaba Folson und vier weitere Unterschriften von der Bremer Frauenwoche

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