: Das Recht auf erträgliche Stadtluft
■ Anwalt kritisiert Verkehrskonzept der Koalition/ Statt Parkraum zu »bewirtschaften«, müßte Luft reingehalten werden/ Heute Tagung »Verkehr und Umwelt«: Welche Rechte haben die Betroffenen?
Berlin. Verkehrsverwaltungen sollten Pläne erstellen, wie sie innerhalb der kommenden zwei bis drei Jahre die durch den Straßenverkehr ausgestoßenen Schadstoffe auf das »gesundheitlich erträgliche Maß« senken wollen. Nach dieser Zeitspanne müßten die Verwaltungen das Ergebnis ihrer Politik überprüfen. Wenn die Schadstoffwerte noch immer zu hoch seien, müßten einschneidendere Maßnahmen für die Luftreinhaltung ergriffen werden. Dies schlägt der Düsseldorfer Rechtsanwalt Matthias Berger vor, der heute an der TU über die »rechtlichen Möglichkeiten für Betroffene« informieren wird.
Das »integrierte Verkehrskonzept« der CDU/SPD-Koalition rügte Berger indirekt: »Statt wie in der Straßenverkehrsordnung vorgeschrieben vor Abgasen und Lärm des Verkehrs zu schützen, werden Bürger mit Parkraumbewirtschaftungskonzepten abgespeist.«
Gemeinsam mit einem Hausbesitzer und einem Kind hat der Anwalt die Stadt Düsseldorf auf gesundheitlich erträgliche Luft verklagt. Die Schwierigkeit bei dieser Klage sei, Grenzwerte festzulegen und die Verursacher der Schadstoffe zu ermitteln. Nicht nur der Autoverkehr belaste die Luft, sondern auch Ofenheizungen und Industrieanlagen. Dennoch habe die Klage Aussicht auf Erfolg. Denn die Stadtverwaltung müsse in ihrer Funktion als Straßenerbauerin beweisen, daß es nicht die Auspuffgase sind, welche die Luft verschmutzen — wenn ihr der Beweis nicht gelingt, müsse sie den Verkehr beschränken. Eine mündliche Verhandlung erwartet Berger für Ende des Jahres.
Die heutige Tagung »Verkehr und Umwelt« hat der Berliner »Arbeitskreis Umwelt und Recht« gemeinsam mit dem Bremer »Institut für Umweltrecht« initiiert. Referenten aus der gesamten Bundesrepublik werden sich mit der »rechtlichen Einflußnahme auf Verkehrsströme« beschäftigen. In über 10 Arbeitsgruppen wird es um die Rechte der Öffentlichkeit bei konkreten Projekten, um die Gestaltungsmöglichkeiten im Planungsprozeß und schließlich um Ideen und Konzepte zum Umsteigen auf umweltverträgliche Verkehrsmittel gehen.
Brandenburgs Umweltminister Matthias Pletzeck wird das dezentrale Entwicklungskonzept für das Berliner Umland erläutern, der Berliner Rechtsanwalt Hartmut Gaßner berichtet über die Verfahren gegen die Öffnung der Oberbaumbrücke und gegen die Ostseeautobahn, die Heidelberger Oberbürgermeisterin Beate Weber über Widerstände bei der Umsetzung ökologischer Verkehrskonzepte. Dirk Wildt
Tagung »Verkehr und Umwelt — rechtliche Möglichkeiten«, Samstag, 23. Mai, 9 Uhr bis 16 Uhr, Podiumsdiskussion 17 Uhr, TU, Mathematikgebäude, Straße des 17. Juni. Teilnahmebeitrag 30 Mark.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen